Eine ziemlich unbekannte Stadt im hohen Norden hat gerade ein Jahr lang als "Europäische kulturhauptsatdt" von sich reden gemacht. Mit einer Schneelandschaft auf dem Rathausplatz, Mitternachts-Tango und einer Open-Air-Inszenierung der Strauss-Oper "Elektra", die Kritiker bis nach Spanien begeisterte: das nordschwedische Umea hat sich von einer lokalen zu einer europäischen Stadt gewandelt und ist wild entschlossen auch künftig im Gespräch zu bleiben. Die Studentenhochburg hat mit ihrem Programm, das sich am Kalender des Urvolks Sami orientierte, Gäste aus aller Welt angezogen. Vor allem reisten aber die eigenen Landsleute nach Umea.

Die Konkurrenz schläft nicht. Aktuell bereiten sich die wallonische Stadt Mons, etwa 60 Kilometer südlich von Brüssel gelegen, und das westböhmische Pilsen auf ein Jahr als "Europäische Kulturhauptstadt 2015" vor.

Unesco-Weltwerbe

Mons, in der 100.000 Einwohner-Stadt wird mehrheitlich Französisch gesprochen, ist Sitz des Militärischen Hauptquartiers der Nato. Die Hauptstadt der Provinz Hennegau geht auf ein Römerkastell zurück und war über die Jahrhunderte Spielball zwischen Spanien und Frankreich, Österreich und den Niederlanden. Heute präsentiert sich die Stadt als Universitätsstandort mit gleich drei Unesco-Welterbestätten. So ist das Wahrzeichen der Stadt - wie in vielen belgischen Gemeinden - der 87 Meter hohe Belfried aus dem 17. Jahrhundert, der mit anderen Glockentürmen zum Weltkulturerbe gehört. Auch Europas größte und älteste Feuersteinmine im Vorort Spiennes sowie die Industriesiedlung Le Grand Hornu finden sich auf der Unesco-Liste. Damit lockt man im Schnitt 250.000 Touristen im Jahr.

Urquell an vier Flüssen

Das tschechische Pilsen wurde 1295 von König Wenzel II. gegründet und ist vor allem als Brauereistadt (Pilsner Urquell) bekannt. Außerdem beherbergt das malerisch anm Zusammenfluss von vier Flüssen gelegene Pilsen mit Skoda einen der wichtigen Arbeitergeber der Region. Der historische Stadtkern, der bis auf vereinzelte Sowjetbauten in Bombenlöchern aus dem Zweiten Weltkrieg nicht nur gut erhalten ist, sondern auch mit zahlreichen Fassadendetails dem Auge schmeichelt, bietet neben der St. Bartholomäus-Kathedrale (mit dem höchsten Turm Tschechiens) auch ein ganz besonderes Kleinod: Das Puppenmuseum, das sich - direkt gegenüber der Kirche gelegen - über drei Stockwerke der Geschichte der städtischen Puppenspieler widmet. Noch hinter verschlossenen Türen befinden sich jene Interieurs, die Adolf Loos in der Stadt für jüdische Familien gestaltet hat. Eine dieser Wohnungen befindet sich gar in einem von der Stadtverwaltung benützten Gründerzeithaus und ist nur zu betreten, nachdem man durch die Gänge des nunmehrigen Bürogebäudes geirrt ist. Insgesamt sollen 2015 drei der acht Loos-Wohnungen zu besichtigen sein