"Judith Hermann erzählt kühl und gleichermaßen zärtlich von Menschen, die tastend und sehnsüchtig ihren Platz in einer Gesellschaft suchen, die das Individuum in die Freiheit entlassen hat, eine Freiheit, die Sehnsucht erzeugt nach Sinn und Verbindlichkeit", hatte die Allein-Jurorin dieses Jahres, Monika Maron, ihre Wahl begründet. "Damit beschreibt sie nicht nur die emotionale Verunsicherung der jungen Generation, sondern auch die ihrer desillusionierten Eltern und Großeltern, denen die kollektiven Ziele und Träume im Laufe des Lebens abhanden gekommen sind. Mit ihrer erzählerischen Kunst hat Judith Hermann das Stiefkind der deutschen Literatur, die Erzählung, wieder in den Mittelpunkt literarischen Interesses gerückt."

Judith Hermann wurde 1970 in Berlin geboren. Nach "Sommerhaus, später" erschienen die Erzählbande "Nichts als Gespenster" und "Alice". Sie wurde bisher u.a. mit dem Kleist-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis ausgezeichnet. In "Aller Liebe Anfang" schildert sie eindringlich eine einseitige aufgezwungene Beziehung, bei der sich ein Stalker in ein fremdes Leben drängt.

Der Erich Fried Preis wird seit 1990 vergeben. Bisher wurden u. a. Christoph Hein, Robert Schindel, Paul Nizon, Gert Jonke, Oskar Pastior, Robert Menasse, Marcel Beyer, Peter Waterhouse, Alois Hotschnig, Thomas Stangl und zuletzt Rainer Merkel ausgezeichnet.