Die gut 30 Lehrstellen, die das Grazer Antriebstechnikunternehmen AVL jährlich ausschreibt, sind heiß begehrt: „Wir bekommen dafür rund 500 Bewerbungen“, sagt Christoph Urthaler, Leiter der Lehrlingsausbildung. Am Kärntner Katschberg sieht es anders aus: „Wir beschäftigen derzeit vier Lehrlinge, am liebsten hätte ich aber 20“, sagt Hotelier Wolfgang Hinteregger. Sein Problem: Kaum jemand meldet sich auf offene Positionen.


Diese Diskrepanz beschreibt gut, in welcher Situation sich die Lehre in Österreich befindet: Einige Branchen, wie die Industrie, können auch dank guter Öffentlichkeitsarbeit, dem Verweis auf sichere und gut bezahlte Jobs bei Bewerbern aus dem Vollen schöpfen. Andere, wie der Tourismus, kämpfen verzweifelt um Nachwuchs. Laut WKO-Umfrage haben 67 Prozent der Betriebe Schwierigkeiten bei der Lehrlingssuche. Da stellt sich die Frage: Wie attraktiv ist die Lehre in Österreich?

Weniger Jugendliche, weniger Lehrlinge


Fakt ist: Seit 2008 hat die Zahl der Lehrlinge im ersten Lehrjahr um fast 7000 abgenommen. Allerdings hat sich seit damals auch die Anzahl der 15-Jährigen verringert: von 99.608 auf 86.404. Fakt ist auch: Von den heute 15-Jährigen starten nur 40 Prozent eine Lehre – 1980 waren es 47 Prozent.


Egon Blum, ehemaliger Regierungsberater für Jugendbeschäftigung, spricht von einer „brandgefährlichen Entwicklung“ und der dringenden Notwendigkeit, die Lehre attraktiver zu machen. Dazu sei es notwendig, laufend die Qualität zu kontrollieren. „Man muss auch zur Hälfte der Lehrzeit sagen können: Was haben Betriebe dem Jugendlichen vermittelt?“


Alfred Freundlinger, Experte für duale Berufsausbildung der WKO, sieht für die Lehre gewisse Schwierigkeiten mit dem Image und „Benachteiligungen im Bildungs-
system“. Das könne man unter Umständen lösen, indem man die Lehre auf ein höheres, vielleicht auch akademisches Level hebt.
Dass sich aber auch mit einer herkömmlichen Lehre viel erreichen lässt, beweist Gastronom Wolfgang Hinteregger selbst: „Ich habe damals Koch gelernt, heute leite ich acht Betriebe mit 120 Mitarbeitern.“