"Ich habe mit dem Berg nie Schluss gemacht!“ sagt Andy Holzer. Als in den frühen Morgenstunden des 18. April 2014 im Khumbu-Eisbruch auf nepalesischer Seite des Mount Everest eine Lawine 16 Sherpas mit in den Tod riss, war auch für den blinden Osttiroler Bergsteiger Holzer das Everest-Abenteuer vorerst Geschichte.

Vorjahres-Team: Klocker, Holzer und Kopp
Vorjahres-Team: Klocker, Holzer und Kopp © PRIVAT HOLZER

„Das war alles sehr traurig“, sagt Holzer, der im Kopf die Expedition nie abgebrochen hatte. Am 6. April bricht der Osttiroler wieder auf: Gemeinsam mit Wolfgang Klocker, der schon im Vorjahr dabei war, Klemens Bichler und Florian Brunner reist er nach Kathmandu. Die nepalesische Seite bleibt für Holzer heuer Tabu, er wird sich dem höchsten Berg der Erde (8848 Meter) von Tibet (beziehungsweise China) aus nähern: „Am 10. April fahren wir mit einem Geländefahrzeug von Kathmandu in Richtung chinesischer Grenze.“ Für Holzer wird das Bild des Berges heuer kompletter: „Jetzt kann ich diesen Berg der Berge von beiden Seiten erfassen und berühren.“ Florian Brunner, der beim Everest-Gipfelversuch nicht dabei ist, wird den 7045 Meter hohen Lhakpa Ri ersteigen.
Die Ankunft im Advanced Base Camp ist zwischen 20. und 22. April geplant. „Vom Norden ist der Everest so ein steiler, geiler Zapfen“, sagt Holzer. Im Camp befindet sich die Expedition von Holzer bereits auf 6400 Meter Seehöhe. „Dann fahren wir vielleicht wieder zurück nach Nepal, um uns von der Höhe zu erholen“, sagt Holzer, der einen Gipfelversuch um den 20. Mai plant. Wenn Holzer es schafft, ist er der erst zweite Blinde, der die sieben höchsten Gipfel der Kontinente („Seven Summits“) schafft.

Stufenweise zum Gipfel

Auf dem Weg dorthin begleitet ihn „Asian Trekking“. Die Nordroute führt vom Base Camp über den North Col zu drei legendären Felsstufen: vor allem der Second Step ist eine klettertechnische Herausforderung auf über 8000 Metern Seehöhe. Holzer wird die Fixseile verwenden und auch Flaschensauerstoff benutzen. Die „Seven Summits“ bedeuten ihm gar nicht mehr so viel, doch der Everest allein zieht ihn wie ein Magnet an: „Es ist ein besonderes Gefühl, schon jetzt, obwohl wir noch nicht einmal oben sind.“ Für Holzer ist das Bergsteigen vor allem Gefühl, zumal ihn das Sehen aufgrund einer angeborenen Netzhauterkrankung verwehrt ist. Wenn er die Möglichkeit auf einen Gipfelsieg spürt, wird er sie ergreifen: „Ich muss mich auf die Chance zubewegen, das hat mich das Leben gelehrt.“ Jetzt lebt die Chance wieder.

ANDREAS KANATSCHNIG