Eine Handke-Ausstellung, die sie 1998 vom Stift Griffen an ihre belgische Universität holte, spielte für Anke Bosse in gewisser Weise Schicksal. Damals lernte die Ordinaria für Germanistik und Komparatistik in Namur den Klagenfurter Architekten und Ausstellungsgestalter Dietmar Kaden kennen – und lieben. Bald darauf wurde geheiratet und eine Fernbeziehung geführt, die nun offiziell mit 1. Oktober endet. An diesem Tag nämlich wird die gebürtige Hannoveranerin an der Alpen-Adria-Universität die Professur für Neue Deutsche Literatur antreten und zugleich die Nachfolge des vor einem Jahr emeritierten Klaus Amann als Leiterin des Klagenfurter Musil-Instituts.
„Ich freue mich schon sehr auf meine neue Aufgabe und habe bereits sehr intensive und ergebnisreiche Gespräche mit meinem künftigen Team geführt“, erklärt Bosse. „Wir sind voller Tatendrang und werden unsere Kooperationen mit anderen universitären Einrichtungen, mit dem Musil-Museum im Hause und kulturellen Institutionen in Kärnten und darüber hinaus ausbauen.“
Laut Rektor Oliver Vitouch, der autonom aus einem Dreiervorschlag auswählen konnte, haben „etliche Gründe“ für die 53-jährige Deutsche gesprochen, darunter ihre „große editorische Erfahrung“ sowie ihre vielfältigen internationalen Kontakte. Nach Studien in Göttingen, München und Avignon ging sie zunächst als Hochschulassistentin an die Uni Genf. Dort promovierte und habilitierte sie über Goethes „West-östlichen Divan“. 1997 nahm sie dann den Lehrstuhl in der wallonischen Hauptstadt an. Dort war Bosse zuletzt in zahlreichen universitären Leitungsgremien tätig und machte sich auch mit Publikationen über neuere österreichische Literatur, insbesondere über Peter Handke, Thomas Bernhard, Marlen Haushofer oder Friederike Mayröcker, verdient. Aktuell arbeitet sie über den Kärntner Autor Werner Kofler, dessen Nachlass im Musil-Institut liegt.
Für Anke Bosse erfüllt sich mit ihrer Berufung nach Klagenfurt ein lang gehegter Wunsch: „Mein Mann und ich haben äußerst turbulente Zeiten hinter uns. Und es wird nicht wirklich ruhig werden. Aber jetzt sind wir voller Energie, weil es endlich eine gemeinsame Zukunft an einem Ort gibt.“