Rund 1500 Biker sind am Freitagabend in Vorarlberg gegen die Gewalt angefahren. Im Gedenken an die Toten und Verletzten, die der Amoklauf eines 27-Jährigen am Wochenende forderte, machten sich die Motorradfahrer auf den Weg von Feldkirch nach Nenzing (Bezirk Bludenz), wo die Gewalttat stattgefunden hat. Vor Ort legten sie eine Schweigeminute ein.

Die Vorarlberger Biker Union lud zur Solidaritätsfahrt alle Motorradfahrer aus der Region ein - und es schien, als wollten in der Tat alle Biker aus Vorarlberg und dem Bodenseegebiet teilnehmen. Die Schar der Motorradlenker war so groß, dass es 14 Minuten dauerte, bis auch der letzte Fahrer des Konvois sich in Bewegung setzen konnte. Jürgen Barth, der die Idee zur Solidaritätsfahrt geboren hatte und als einer der Organisatoren auftrat, war ob des Andrangs beinahe sprachlos. Seiner Einschätzung nach waren 800 bis 1.000 Motorräder und etwa 1.500 Personen unterwegs. "Das zeigt, wie die Biker in Vorarlberg zusammenhalten", sagte Barth stolz. Man wolle Solidarität zeigen und gegen jegliche Gewalt demonstrieren.

Der 27-jährige Mann tötete zwei Menschen
Der 27-jährige Mann tötete zwei Menschen © APA/RONALD VLACH

An der Fahrt nahmen auch mehrere Biker teil, die beim Fest des heimischen Motorradclubs "The Lords" in der Nacht auf Sonntag verletzt worden waren. Lorenzo Servello aus Liechtenstein war durch einen Durchschuss durch die Halsregion lebensgefährlich verletzt und erst am Freitagvormittag aus dem Krankenhaus entlassen worden. "Es war mir sehr wichtig, heute herauszukommen, um dabei sein zu können", sagte er vor der Abfahrt. Ein Projektil war links im Halsbereich ein- und rechts wieder ausgetreten. "Es geht mir gut", betonte er demütig: "Drei Millimeter weiter links oder rechts, und ich wäre tot oder gelähmt gewesen". Servello hat keine Folgeschäden zu erwarten.

Renate Halbeisen wurde am Sonntag zwar nicht verletzt, blickte aber ins Mündungsfeuer und sah, wie ein Mann vor ihr tot zusammensackte. "Das sind Bilder, die man nur schwer verarbeiten kann", sagte sie. Sie nahm an der Gedenkfahrt teil, um mit dem Geschehenen und Gesehenen besser zurechtzukommen.

Der Biker-Konvoi traf nach rund 40-minütiger Fahrt in Nenzing ein. Auf den Straßen, die er passierte, wurden er von zahlreichen Schaulustigen begrüßt. Als sich die Biker auf der großen Wiese in Nenzing versammelt hatten, setzte leichter Regen ein. Bischof Benno Elbs, der eine kurze Ansprache hielt, deutete dies so: "Der Himmel weint. Viele von uns weinen, sind verletzt". Bürgermeister Florian Kasseroler (FPÖ) legte im Namen der Gemeinde einen Kranz nieder, und Barth sprach den Familien der Toten das Beileid aus, wünschte den Verletzten gute Besserung und dem Täter "ein herzliches 'Fuck you!'"

Eine 40-minütige Sternfahrt mit 1500 Motorradfahrern.
Eine 40-minütige Sternfahrt mit 1500 Motorradfahrern. © APA/DIETMAR MATHIS

Um 20.08 Uhr schließlich begann die Gedenkminute, in der manche der Motorradfahrer Kerzen entzündeten. Anschließend sprachen die Biker ein "Vater unser". Wenig später löste sich Menschenmenge auf - von der Polizei zurück auf die Straße geleitet, brachen die Motorradfahrer in alle Himmelsrichtungen auf.

Ein acht Mal vorbestrafter 27-Jähriger aus dem Raum Bludenz, der der rechtsextremen Szene zuzuordnen ist, hatte am Sonntag gegen 3 Uhr nach einem Beziehungsstreit mit einem Kalaschnikow-Nachbau das Feuer auf die Festgäste eröffnet. Nachdem er das Magazin seines vollautomatischen Sturmgewehrs - rund 30 Patronen - leer geschossen hatte, legte er ein weiteres Magazin ein und tötete sich selbst.