Für seine Entlastung sorgte am letzten Verhandlungstag ein Überwachungsvideo aus der Justizanstalt, in der Gottfried W. eine Haftstrafe wegen eines Einbruchs verbüßte. Am 14. November wurden die Aufnahmen gemacht, als der leidenschaftliche Läufer im Gefängnishof seine Runden drehte. Nachdem mehrere Zeugen behaupteten, der Räuber aus Floridsdorf hätte einen "watschelnden Gang", "nach außen gedrehte Füße" und ein "auffälliges Hinken", war man mit dem Video der Sache auf den Grund gegangen.

Kein "Watschelgang" 

Der minutenlange Film zeigte den Angeklagten, wie er locker läuft und hin und wieder geht, ein "Watschelgang" ist nicht zu sehen. "Das ist ein Marathonläufer. Der geht immer noch ins Fitnessstudio", machte sein Verteidiger Herbert Eichenseder bereits in der ersten Verhandlung geltend. Als er noch im Gefängnis saß, durfte Gottfried W. mit Genehmigung der Anstaltsleitung sogar am Graz-Marathon teilnehmen.

Angeklagt waren insgesamt vier Überfälle auf ein Postgeschäft und Trafiken, die ein jeweils mit einer Sturmhaube maskierter Mann zwischen 24. Februar 2014 und 22. Jänner 2015 begangen hatte und die von den Strafverfolgungsbehörden Gottfried W. zugeschrieben wurden. Auf den Mann wurde die Polizei aufmerksam, nachdem dieser beim Versuch festgenommen wurde, gemeinsam mit dem in die Kriminalgeschichte eingegangenen Gendarmen-Mörder Amyn Radwan Gindia in eine Apotheke in Floridsdorf einzubrechen. Während Gindia sich mit der Polizei ein Feuergefecht lieferte, ergab sich W. widerstandslos. Die Polizei ging davon aus, dass W. schon zuvor maskiert und mit einer Schusswaffe bewaffnet Trafiken und Geschäfte in dem Bezirk ausgeraubt und dabei 46.000 Euro erbeutet hat.

Ein inkriminierter Überfall wurde von einer Überwachungskamera gefilmt. Einem Gutachter zufolge handelt es sich beim darauf ersichtlichen Täter mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent um Gottfried W. Dieser konnte das nicht nachvollziehen und machte den Schöffensenat (Vorsitz: Thomas Kreuter) vor allem auf das teilweise erkennbare Ohrläppchen des Maskierten aufmerksam: "Der hat einen leichten Dreier. Ich hab' aber ein rundes Ohr." Dass er zu den fraglichen Zeitpunkten mit seinem Handy teilweise in der Nähe eines Geschäfts eingeloggt war, das er zwei Mal ausgeraubt haben soll, entkräftete der Angeklagte mit dem Argument, er habe den Sohn seiner Lebensgefährtin aus einem Kindergarten in der Nähe abgeholt.