Durch die Aufarbeitung der Geschehnisse, Interviews mit Zeitzeugen und Berichte von Opfern, habe man "schmerzlich erkennen" müssen, dass es auch in den Häusern der Caritas zu systematischer Gewalt sowie physischem, psychischem und sexuellem Missbrauch gekommen sei. "Das ist ein Kapitel in der Geschichte unserer Organisation, von dem es uns lieber wäre, es wäre so nie geschrieben worden", betonte Landau bei der Präsentation des Berichts, der mit Hilfe eines Expertenbeirats erstellt worden war.

"Wie entschuldigt man sich für etwas, für das es im Grunde keine angemessene Entschuldigung geben kann?", meinte der Caritas-Präsident. Dennoch wolle man den ernst gemeinten Versuch unternehmen, die eigene Verantwortung wahrzunehmen, so Landau weiter: "Ich möchte mich bei all jenen, die in unseren Einrichtungen Gewalt erfahren haben, aufrichtig entschuldigen." Ihm gehe es vor allem darum, dass das Leid der Opfer nicht relativiert, sondern anerkannt werde. "Sie wurden viel zu lange nicht gehört, ihnen wurde viel zu lange nicht geglaubt", bedauerte er.

Der rund hundertseitige Bericht mit dem Titel "Erinnern hilft Vorbeugen" beschäftigt sich vor allem mit Gewalt im "Bubenheim" Retz (NÖ), im "Mädchenheim" Lanzendorf (NÖ), im Wiener Kinderheim Lacknergasse sowie im "Heim für behinderte Kinder und Jugendliche" Am Himmel in Wien. "Die Praxis dort reiht sich nahtlos in jene Reihe von städtischen bzw. konfessionellen Einrichtungen, in denen systematische und systemimmanente Gewalt vorherrschte", so Studienautorin Tanja Kraushofer. Kinder und Jugendliche seien geschlagen, misshandelt, gedemütigt und gequält worden.

Zwischen den 1950er- bis in die 1980er-Jahren seien Kinder etwa geohrfeigt, mit Linealen geschlagen, kalt abgeduscht, eingesperrt oder gezwungen worden, Erbrochenes wieder zu essen. Am Himmel habe es jedoch noch im Jahr 2004 personelle Konsequenzen gegeben, da "repressive Erziehungsmaßnahmen" wie das Einsperren in dunkle Zimmer oder im Erbrochenen sitzen müssen, angewandt wurden.

Mit Stand Juni haben sich 48 Betroffene gemeldet, ihnen wurden Gestenzahlungen zwischen 5.000 und 25.000 Euro pro Person zugesprochen, dazu wurden Therapiekosten übernommen, berichtete Generalsekretär Klaus Schwertner. Insgesamt hat die Caritas 366.000 Euro gezahlt - Spendengeld sei dafür nicht verwendet worden, die Mittel stammen aus den Rücklagen der Organisation. Teilweise wurde auch Anzeige erstattet - von den Opfern bzw. in manchen Fällen auch von der Caritas selbst.

"Die Vergangenheit verpflichtet uns zu einer Kultur des Hinsehens", betonte Landau. Deshalb wolle man aus den Geschehnissen der Vergangenheit auch Schlüsse für Gegenwart und Zukunft ziehen. Der Bericht versucht demnach, aus den vergangenen Geschehnissen, Leitlinien für die Zukunft festzulegen. In einem ersten Schritt hat die Caritas nun eine Beauftragte für Gewaltprävention eingesetzt, sie soll - zusätzlich zu den bereits bestehenden Richtlinien - ein Gewaltpräventionskonzept erarbeiten, das in der gesamten Organisation verankert werden soll. Unter anderem sind regelmäßige Mitarbeiter- und Klientenbefragungen sowie eine stärkere Selbstvertretung der Klienten geplant.

Die Frage müsse sein: "Haben wir heute bereits alles Erdenkliche unternommen, um morgen zu verhindern, was dereinst geschah", so Landau. Die Einrichtungen hätten sich zwar geöffnet und zum Positiven verändert, völlig ausschließen könne man Missbrauch auch in den jetzigen, besseren Strukturen und Rahmenbedingungen nicht. Umso wichtiger sei es, nicht nur Sensibilität an den Tag zu legen und das Risiko möglichst gering zu halten, sondern bei Verdachtsfällen auch eine konkrete Vorgangsweise parat zu haben: "Da darf es null Toleranz geben", bekräftigte er.

Für das Mitglied des Expertenbeirats Kurt Scholz, auch in der Klasnic-Kommission vertreten, könne die Caritas mit diesen Präventionsmaßnahmen auch "Rollenmodell" für die Politik sein. Er erneuerte seinen Wunsch nach einer "dringend notwendigen" bundesweiten Präventionsplattform aller Ministerien und Organisationen. Ein Wunsch, dem sich auch Landau anschloss.