Der Tod eines 19-jährigen Lehrlings vor fünf Jahren nach einer Routine-Operation in einem Salzburger Spital hat jahrelang Rätsel aufgeworfen. Nach langwierigen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Salzburg nun eine Ärztin angeklagt. Sie hätte laut Strafantrag verhindern müssen, dass der Patient die Schmerzpumpe zu oft betätigen konnte. Er starb an einer Überdosis des Schmerzmittels Piritramid.

Der Lehrling hatte am Freitag, 28. August 2010 am Hanuschplatz in der Salzburger Innenstadt bei einer Schlägerei einen offenen Bruch am rechten Oberarm erlitten. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht. Tags darauf konnte er laut einer Spital-Sprecherin bereits aufstehen, Besuche empfangen und telefonieren. Am Montag, 30. August, um 5.00 Uhr lag er plötzlich tot im Bett.

Ein gerichtsmedizinisches Gutachten ergab, dass der 19-Jährige an einer zentralen Atemlähmung gestorben ist. Fraglich war die Ursache und ob jemand schuld daran hatte. Nach der Operation am Arm war an dem Patienten eine Schmerzpumpe angeschlossen worden. Diese konnte er je nach Schmerzempfinden selbst bedienen. Die Anästhesistin hätte aber Maßnahmen treffen müssen, dass er die Schmerzpumpe nicht zu häufig verwendet und keine Vergiftung erleidet, heißt es in dem Strafantrag.

Keine Aufklärung, mangelnde Kontrolle

Nach der Einholung von mehreren Gutachten stand für die Staatsanwaltschaft fest: Die Ärztin hätte den Patienten aufklären müssen, dass eine oftmalige Verwendung der patientengesteuerten Schmerzpumpe lebensbedrohlich sein kann. Zudem habe sie keine Atemüberwachungsmaßnahmen gesetzt und auch keine Umprogrammierung der Schmerzpumpe im Falle eines exzessiven Umgangs des Patienten vorgenommen, lauten die Vorwürfe. Die 47-Jährige wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Die Schmerzpumpe war mit dem Medikament Dipidolor befüllt, das den Wirkstoff Piritramid enthält. Es handelt sich um ein synthetisches Opioid mit stark schmerzstillender Wirksamkeit. Den Erhebungen zufolge hat der Lehrling die Pumpe zu oft bedient und daher auch zu viel Schmerzmittel bekommen. Die Folgen der Piritramid-Intoxikation waren tödlich.

Bald stellte sich heraus, dass die Schmerzpumpe nicht defekt war. "Die Schmerzmittelvergiftung hätte vermieden werden können", sagte Opfer-Anwalt Stefan Rieder vom Weißen Ring zur APA. Die Abgabe des Schmerzmittels könne technisch begrenzt werden, so dass eine Überdosis verhindert werde, erklärte der Jurist. Für die Angehörigen des Lehrlings war auch die ungeklärte Fragen, wie es zur der Vergiftung kommen konnte und wer schuld daran hatte, eine große Belastung.

Das Verfahren gegen einen Pfleger hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile eingestellt. Rieder überlegt noch, ob er einen Fortführungsantrag stellen wird.

Noch kein Termin

Der Strafantrag gegen die Ärztin wurde am 3. Juli an das Bezirksgericht Salzburg übermittelt. "Es gibt noch keinen Verhandlungstermin", sagte Bezirksgericht-Sprecher Franz Mittermayr am Dienstag auf Anfrage der APA. "Der Akt muss erst einem Richter zugeteilt werden." Das Delikt "fahrlässige Tötung" ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht.

Detail am Rande: Der 34-jährige Mann, der den Lehrling attackiert hatte, wurde am 12. April 2011 wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten bedingt schuldig gesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig.