Die erste Vorwarnung der Wetterstationen erreichte die Einsatzkräfte um 1.39 Uhr, eine halbe Stunde später zog das Unwetter über die drei Bezirke. "Sturmböen von bis zu 100 Stundenkilometer und schwere Niederschläge verwandelten harmlose Bäche in reißende Fluten, die rasch über die Ufer traten", schilderte NÖ Feuerwehrsprecher Franz Resperger. Um die Menschen zu warnen, entschied sich die Feuerwehr zu einem Sirenenalarm, der viele Bewohner aus dem Schlaf riss.

Besonders betroffen war die Gemeinde Großmugl im Bezirk Korneuburg, wo von den überschwemmten Äckern aus eine fast einen Meter hohe Wasser- und Schlammlawine durch den Ort zog. Die Feuerwehr musste Menschen aus Häusern evakuieren, Gebäude wurden mit Sandsäcken geschützt. Überflutungen gab es auch in Merkersdorf, Nursch, Herzogbirbaum und Föllersdorf.

Im Bezirk Hollabrunn wurden die schwersten Gewitter aus Großstelzendorf gemeldet. Mehrere Keller standen dort unter Wasser. In der Breitenwaida konnte die Feuerwehr zunächst nicht ausrücken, weil mehrere umgestürzte Bäume die Zufahrt zum Feuerwehrhaus blockierten.

Mit Großpumpen, Motorsägen und Baggern kämpfte die NÖ Feuerwehren Mittwoch früh gegen die Massen an Wasser und Schlamm an und beseitigten umgestürzte Bäume. Von "Weltuntergangsstimmung" sprach man beim Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn.

In Merkersdorf (Bezirk Korneuburg) sind 30 Keller überschwemmt worden, nachdem der drei Meter tiefe Ortsgraben, der sich auf einer Länge von zwei Kilometern durch die Ortschaft zieht, über die Ufer getreten war. Die Überflutungen waren nach Angaben des NÖ Landesfeuerwehrkommandos zum Teil so stark, dass in Garagen abgestellte Fahrzeuge bis an die Decke gedrückt wurden.

Die Innenhöfe von Bauernhöfen wurden mehr als einen halben Meter hoch mit Schlamm überzogen. Der Schaden sei nach ersten Einschätzungen enorm. Zuletzt war der Ortsgraben in Merkersdorf im Jahr 1959 über die Ufer getreten.

Der Göllersbach überschwemmte Teile von Göllersdorf, Ober- und Untermallebarn sowie Sierndorf, Hangrutschungen bedrohten die S3. Häuser wurden mit Sandsäcken abgesichert. Der bis zu 50 Zentimeter hohe Schlamm musste laut Feuerwehr mit Schneepflügen von den Straßen geräumt werden. In Herzogbirbaum mussten Bagger die Zufahrt zum Feuerwehrhaus frei schaufeln, die ebenfalls von Schlamm blockiert war.

Südlich von Hollabrunn waren neben Göllersdorf auch Breitenwaida und Groß Stelzendorf stark betroffen, teilte das Bezirkskommando mit und berichtete von dramatischen Szenen: So wurde ein gehbehinderter 93-Jähriger gerettet, der mitsamt seinem Bett zur Seite gespült worden war. Ein Kleinkind wurde in Groß Stelzendorf im Feuerwehrhaus versorgt, da die Eltern nicht mehr an die Babynahrung gelangen konnten.

Die Unwetter richteten in der niederösterreichischen Landwirtschaft massive Schäden an. Laut einer Aussendung der Österreichischen Hagelversicherung waren mehr als 5.000 Hektar Anbaufläche betroffen. Die Schäden wurden auf fünf Millionen Euro geschätzt.

In den Bezirken Krems, Tulln und Korneuburg seien bis zu drei Zentimeter große Hagelkörner gefallen. Neben Raps und Obst wurden besonders Weinkulturen in Mitleidenschaft gezogen.

"Vergleichsweise früh zeigen sich heuer die Unwetter und ihre drastischen Folgen für die Landwirtschaft mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel. Ein derart massiver Hagel tritt in der Regel nicht vor Ende Mai auf", stellte Vorstandsvorsitzender Kurt Weinberger fest.

In Niederösterreich hat die Hagelversicherung über 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen gegen Hagel versichert. Die Schadenserhebung durch die Sachverständigen laufe bereits, um eine schnelle Abwicklung der Schadensfälle zu gewährleisten.