Djerassi kam am 29. Oktober 1923 als Sohn eines bulgarischen Vaters und einer österreichischen Mutter, die für die Heirat die bulgarische Staatsbürgerschaft annehmen musste, in Wien zu Welt. Die jüdische Familie zog nach Bulgarien, allerdings kehrte Djerassi nach der Scheidung der Eltern mit seiner Mutter wieder nach Wien zurück. Sie bekam die österreichische Staatsbürgerschaft wieder, für den Sohn wurde dies jedoch nicht genehmigt. Erst 2004 wurde Djerassi "im Republiksinteresse" Österreicher.

Der spätere Wissenschafter wurde 1938 von den Nazis aus Wien vertrieben und flüchtete im Jahr darauf in die USA. Nach seiner Emigration ermöglichten Pflegeeltern Djerassi den Besuch einer High School in Newark und der University of Wisconsin. Weltweiten Ruhm brachten ihm zwei Entdeckungen ein: die Synthetisierung des Hormons Cortison, wodurch dessen Massenproduktion möglich wurde, und 1951 die Synthetisierung des Schwangerschaftshormons Gestagen, die er zusammen mit den Bostoner Pharmakologen Gregory Pincus und John Rock als Grundlage der Antibabypille entwickelte - eine Bezeichnung, die Djerassi selbst ablehnte, weil er das oral einzunehmende Verhütungsmittel nicht gegen Babys gerichtet verstand, sondern für die Frau.

Als Autor schrieb Djerassi zunächst Gedichte und Kurzgeschichten, bevor er sich dann der von ihm erfundenen Romangattung "Science in Fiction" widmete. Seit 1997 konzentrierte sich Djerassi auf das Schreiben von Theaterstücken, die er unter dem Begriff "Science in Theatre" zusammenfasste. Als Kunstsammler besaß Djerassi mit über 150 Werken eine der größten Paul-Klee-Privatsammlungen, die er dem Museum of Modern Art in San Francisco und der Albertina vermacht hat. Weiteres begründete er die Djerassi-Stiftung, eine Künstlerkolonie in der Nähe von San Francisco, und initiierte das "Djerassi Resident Artist Program" zur Förderung von Malern, Musikern, Schriftstellern und Bildhauern.

Heimische Politiker würdigten Djerassi nach dessen Ableben in mehreren Aussendungen. "Seine wissenschaftlichen Leistungen habe ich immer bewundert, aber vor allem habe ich den Menschen geschätzt, den ich in zahlreichen Begegnungen kennenlernen durfte", teilte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mit. Djerassis Tod "ist ein großer Verlust für Wissenschaft, Kunst und Kultur und die Gesellschaft insgesamt", betonte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP).

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) zeigte sich "tief betroffen". Djerassi habe "einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Selbstbestimmung der Frau geleistet. Ohne diese Leistung gäbe es keine hormonelle Verhütung; Frauen wären in der Familienplanung vom Wohlwollen der Männer abhängig", erklärte die Ressortchefin. Das Kulturministerium würdigte das Wirken Djerassis ebenfalls. "Seiner Liebe zur Kunst und seiner persönlichen Verbundenheit zur Albertina verdanken wir auch eine unschätzbare Bereicherung der Sammlung", so Minister Josef Ostermayer (SPÖ).

Die Albertina erhielt von Djerassi eine der größten Schenkungen der letzten 15 Jahre. "Djerassi hat 2003 wieder intensiven Kontakt zu Österreich gesucht und über eine enge Verbindung mit der Albertina und eine tiefe Freundschaft zu mir persönlich den Weg zurück nach Wien gefunden, um schließlich diese Stadt als seinen dritten ständigen Wohnort neben San Francisco und London zu wählen", teilte Museumsdirektor Schröder mit.

"Seinem letzten Wunsch an mich, sein noch nicht publiziertes letztes Buch nach seinem Tod in der Albertina zu präsentieren und eine Gedenkfeier für ihn zu veranstalten, werde ich leider früher nachkommen müssen, als gehofft", berichtete Schröder. Djerassi habe sich für die Rickey-Skulptur, die auf der Albertina Bastei aufgestellt ist, folgende Inschrift gewünscht: "Born 1923, Exile 1938, Reconciled 2003" ("Geboren 1923, Exil 1938, Ausgesöhnt 2003", Anm.).