Wegen Beschmierens von Gedenksteinen für Nazi-Opfer und wegen weiterer, nationalsozialistisch motivierter Sachbeschädigungen müssen sich vier Jugendliche und junge Erwachsene verantworten.

Der 22-jährige Hauptbeschuldigte, der alleine rund 90 Beschmierungen und schwere Sachbeschädigungen als Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz 3f zu verantworten hat, wirkte bei seiner Einvernahme am Nachmittag sehr gefasst. "Anfangs habe ich das aus Überzeugung und fast schon aus Spaß, aus Langweile gemacht. Dann ist es schon Routine geworden", erklärte er das Motiv.

Nie über Konsequenzen nachgedacht

Über mögliche Konsequenzen habe er damals gar nicht nachgedacht, sagte der Salzburger. Warum er überhaupt "Stolpersteine" beschmiert habe, fragte die vorsitzende Richterin Bettina Maxones-Kurkowski. "Wir waren damals überzeugt, dass die Opferzahlen des Holocaust zu hoch waren, dass die Geschichte nicht wahr ist", antwortete er. Indem der Gedenkstein mit Farbe besprüht wurde, habe man den Namen des Opfers unkenntlich gemacht und das verschleiert. "Aus heutiger Sicht sind damit die Leute noch einmal umgebracht worden", meinte er reuevoll.

Rechtsextreme Sprüche wie "Rechtsblau in jedem Gau", "NS statt US", "Nazional statt Asozial" hafteten im Jahr 2013 in der Stadt Salzburg auf Brücken, Parkkästen und Mauern. Angriffspunkte der Schändungen, Beschmierungen und Beschädigungen waren auch Räumlichkeiten der ÖH, der JUSOS, der KPÖ, des "Infoladen" und der "Aktion kritische StudentInnen". Auch Türschlösser wurden verklebt, die Gegensprechanlage der jüdischen Synagoge am Morgen des Gedenktages an die Novemberpogrome zerstört. "Warum gerade überall dort", fragte die Vorsitzende. "Zu dem Zeitpunkt waren das Feindbilder", lautete die Antwort des 22-Jährigen.

Auch als sein Komplize am 23. Oktober 2013 von der Polizei festgenommen wurde, habe er immer noch nicht daran gedacht, dass es auch ihn erwischen könne, erklärte der Angeklagte. Mit den Schmieraktionen hörte er nicht auf: Er habe sich weiterhin für die rechte Szene einsetzen wollen, erläuterte er. Seine Festnahme erfolgte schließlich Ende November 2013. An seiner Abkehr von der nationalsozialistischen Ideologie hätten dann wesentlich die Gespräche mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, Marko Feingold, in der U-Haft beigetragen. "Er hat mir geschildert, was er alles durchgemacht hat. Er wollte mich geistig und auch arbeitstechnisch unterstützen."

"Wieder gut machen"

Auch ein Ausländer, mit dem er sich in der Zelle angefreundet habe, und weitere Ausländer, mit denen er sich bei der Arbeit gut verstanden habe, hätten zu dem Gesinnungswandel beigetragen, erzählte der Angeklagte. Derzeit beteilige er sich an einem Aufklärungsworkshop gegen die rechte Szene, und er wolle auch eine Patenschaft für einen "Stolperstein" übernehmen. "Ich habe mich schon angemeldet. Ich will auf jeden Fall alles tun, damit ich es wieder gut machen kann."

Seine mitangeklagte Lebensgefährtin (nach dem Verbotsgesetz 3g) bekannte sich zum Vorwurf, bei zehn Vorfällen Schmiere gestanden zu sein, für schuldig. "Am Anfang habe ich nicht gewusst, was sie da tun. Dann war es die Angst, dass man vom Freund verlassen wird. Dass ich eine Strafe kriege, hätte ich nicht gedacht. Ich habe aber nicht selber geschmiert", erklärte die 20-Jährige." Die Vorsitzende warf ihr vor, dass sie die beiden Burschen dabei unterstützt hätte, ihrer Begeisterung für den Nationalsozialismus Ausdruck zu verleihen. "Irgendwann bist du mitten drinnen gewesen. Ich hab' mir gedacht, solange ich es nicht bin, ist es mir scheißegal. Jetzt hat sich schon etwas geändert. Ich habe mich mehr mit dem auseinandergesetzt. Ich dachte mir, was habe ich da eigentlich angestellt?" Sie belastete die mitangeklagte 17-Jährige (ebenfalls nach Verbotsgesetz 3g), die bisher alles bestritten hatte: "Ja, ich bin auch mit ihr Schmiere gestanden."

Die Verhandlung wird am Mittwoch mit der Befragung des zweiten Burschen fortgesetzt.