Ein Niederösterreicher (25) wurde mit 6:2-Stimmen im Sinne der Anklage verurteilt. Er erhielt - nicht rechtskräftig - zehn Jahre Haft. Der Beschuldigte erbat Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

Mordversuch, Notwehr bzw. Notwehrüberschreitung oder Körperverletzung? Mit diesen Fragen waren die Geschworenen in die Urteilsberatung gegangen. Sie entschieden über die Tat des 25-Jährigen, der im Juli in einem Mehrparteienhaus dem Ex-Freund einer Nachbarin ein Messer in den Hals gerammt hatte. Notwehr bzw. Notwehrüberschreitung verneinten die Laienrichter mit 3:5-Stimmen.

Am ersten Prozesstag im November hatte sich der Angeklagte - wegen eines sehr schweren Herzfehlers bereits in Frührente - nicht schuldig bekannt. "Es tut mir leid, was passiert ist. Ich wollte niemanden töten. Ich wollte ihn nicht in den Hals stechen, sondern in die Schulter, damit er von mir ablässt. Ich muss mit dem Messer abgerutscht sein."

Blutiger Streit

Zu dem blutigen Streit war es gekommen, weil sich der Angeklagte über das Geschrei aus der Wohnung einer alleinerziehenden Mutter aufgeregt hatte. Die rief ihren Ex-Freund (33) zu Hilfe. Als der den 25-Jährigen zur Rede stellte, bekam er das Messer in den Hals. Der Stich ging knapp an der Halsschlagader vorbei.

Der Angeklagte habe überreagiert. Aufgrund seiner Herzkrankheit habe er sich bedrängt gefühlt und die von ihm übermäßig empfundene Bedrohung abwehren wollen. Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer attestierte tatsächlich eine erhöhte Angstbereitschaft und Überängstlichkeit, die sich nach einer schweren Herz-OP bei dem jungen Mann eingestellt habe. Der unfallchirurgische Sachverständige musste auf eine Frage der Richterin einräumen, dass es "einfach nur Glück war, dass bei dem Stich die Halsschlagader nicht erwischt worden ist".

"Kein Weg führt an einer Verurteilung wegen Mordversuchs vorbei", erklärte Staatsanwältin Katharina Wiener in ihrem Schlussvortrag. "Der Angeklagte ist kein kaltblütiger Mörder. Er hat sich in die Enge gedrängt gefühlt. Sie haben den Mann tat- und schuldangemessen zu bestrafen, aber sicher nicht wegen versuchten Mordes", plädierte Verteidiger Wolfgang Blaschitz.