Nach tödlichen Schüssen in einer Abtreibungsklinik in den USA droht dem Beschuldigten die Todesstrafe. "Der anfängliche Vorwurf lautet auf Mord", sagte Richter Gilbert Martinez bei der ersten Gerichtsanhörung, zu der der 57-jährige Verdächtige von einer Haftanstalt aus per Video zugeschaltet war. Robert Lewis Dear drohe "mindestens lebenslange Haft", im schlimmsten Fall die Todesstrafe.

Fortsetzung am 9. Dezember

Der Beschuldigte äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Mehrere Angehörige seiner Opfer verfolgten die Anhörung im Gerichtssaal. Der nächste Gerichtstermin wurde für den 9. Dezember angesetzt. Dann soll formell die Anklage verlesen werden.

Bei dem Angriff auf die Abtreibungsklinik in Colorado Springs im US-Staat Colorado waren am Freitag drei Menschen erschossen und neun weitere verletzt worden. Bei den Toten handelte es sich um einen Polizisten, eine zweifache Mutter, die in der Klinik eine Freundin unterstützte, sowie einen Irak-Veteranen und zweifachen Vater. Der Schütze hatte sich stundenlang in der Klinik verschanzt und sich Schusswechsel mit der Polizei geliefert. Er ergab sich schließlich und wurde festgenommen.

Vehementer Abtreibungs-Gegner

Es wird vermutet, dass der Schütze ein vehementer Gegner von Abtreibungen ist. Die Chefin von Planned Parenthood of the Rocky Mountains, Vicki Cowart, hatte nach der Tat unter Berufung auf Augenzeugen erklärt, der Mann habe die Tat verübt, weil er ein Gegner "sicherer und legaler Abtreibungen" sei.

Planned Parenthood bietet neben Vorsorgeuntersuchungen unter anderem Abtreibungen an und wird dafür von erzkonservativen Kreisen in den USA angefeindet. Abtreibungsgegner werfen der Organisation vor, Organe und Gewebe abgetriebener Föten zu verkaufen. Der Nachrichtensender NBC News hatte unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet, der Angreifer habe Videos, welche die Vorwürfe belegen sollen, nach seiner Festnahme erwähnt. Er soll "Keine Baby-Teile mehr" gesagt haben.

Waffengesetz

US-Präsident Barack Obama hatte nach der Bluttat seine Forderung nach strengeren Waffengesetzen erneuert. Dass der Täter in Colorado Springs ein Sturmgewehr besessen habe, sei nicht normal. "Wir dürfen das nicht zur Normalität werden lassen", sagte Obama. "Es reicht." Obama war in der Vergangenheit immer wieder mit Initiativen für schärfere Waffengesetze im Kongress gescheitert. Dort wollen vor allem die Republikaner nicht an dem in der US-Verfassung verankerten Recht auf Waffenbesitz rütteln.

"Rausch aus Hass und Wut"

Der Vorsitzende der Demokraten im US-Senat, Harry Reid, machte das erzkonservative Lager indirekt mitverantwortlich für Bluttaten wie die in Colorado. "Menschen in einen Rausch aus Hass und Wut zu treiben und ihnen gleichzeitig einen einfachen Zugang zu Schusswaffen zu bieten, hat sich als desaströs für dieses Land erwiesen", erklärte Reid am Montag. Politiker hätten "eine Verantwortung, sehr gut darüber nachzudenken, was wir in diesem Zusammenhang sagen und tun".

Die Demokratische Partei arbeite an einer Gesetzesvorlage für eine "vernünftige Schusswaffensicherheit", erklärte Reid. Er appellierte an die Republikaner, die sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, diese Maßnahmen zu unterstützen.