"Die Daten weisen darauf hin, dass die sich steigernde HIV-Epidemie durch die Länder im Osten angetrieben wird, wo sich die Zahl der Neudiagnosen (HIV-Infektionen; Anm.) in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt hat", schrieben ECDC und WHO-Europa-Regionalbüro.

"Trotz aller Anstrengungen, HIV zu bekämpfen, wurden im vergangenen Jahr 142.000 neue Fälle an Infektionen registriert. Das ist die bisher höchste Zahl und sehr beunruhigend", wurde Zsuzsanna Jakab, WHO-Europa-Direktorin, zitiert.

Das Bild ist nicht einheitlich. "Seit 2005 hat sich die Zahl der HIV-Neudiagnosen in manchen EU-Staaten und in manchen Ländern des europäischen Wirtschaftsraumes (EEA) verdoppelt, in anderen Staaten wiederum um 25 Prozent reduziert. Insgesamt aber zeigt sich die HIV-Epidemie im Großen und Ganzen unverändert", sagte dazu Andrea Ammon, geschäftsführende Direktorin des ECDC.

Wie bei solchen infektiösen Erkrankungen immer, spielen offenbar soziale Fragen die größte Rolle. In den vergangenen zehn Jahren wäre die Rate der HIV-Infektionen unter Migranten in Europa "stark zurückgegangen", stellten die beiden Organisationen fest. Doch: "Soziale Ausgrenzung bringt für Flüchtlinge und Migranten ein größeres Risiko für eine HIV-Infektion". Es gebe Hinweise dafür, dass ein "signifikanter Anteil" der Ansteckungen mit dem Immunschwächevirus unter Flüchtlingen und Migranten erst in Europa geschehe.

"Wenn Flüchtlinge und Migranten Opfer von sozialer Ausgrenzung in den Aufnahmeländern werden, geraten sie in eine größere Gefahr, mit HIV infiziert zu werden (...)", sagte Zsuzsanna Jakab. Infizierte und dann nicht Behandelte stecken wiederum andere Menschen an. "Die WHO drängt alle Staaten Europas dazu, HIV-tests, Prävention und Behandlung allen Flüchtlingen und Migranten anzubieten - ganz egal, welchen legalen Status sie haben", sagte die WHO-Direktorin.

In der WHO-Europa-Region sind Männer, die mit Männern Sex haben, jene Personengruppe, in der es zu den meisten HIV-Infektionen kommt. 2005 entfielen auf diese Menschen 30 Prozent der Ansteckungen, 2014 waren es 42 Prozent. Allerdings steigen in Osteuropa die HIV-Infektionen durch heterosexuelle Kontakte.