"Längst überfällig" sei es gewesen, dass die Forschung über DNA-Reparatur mit dem Nobelpreis hervorgehoben wird, erklärte der Genetiker Franz Klein von den Max F. Perutz Laboratories in Wien am Mittwoch im Gespräch mit der APA. Die Erkenntnisse aus diesem Feld seien den Medizinern noch zu wenig bekannt, was sich nun ändern sollte. Anwendungsmöglichkeiten gäbe es zum Beispiel im Kampf gegen Krebs.

"Ich freue mich sehr, dass Forscher aus dem wissenschaftlichen Feld der DNA-Reparatur mit dem diesjährigen Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet wurden", sagte Klein. Dies sei schon längst fällig gewesen und die Ergebnisse der drei älteren Herren - Tomas Lindahl ist 77, Aziz Sancar und Paul Modrich 69 - schon viele Jahre alt.

Viele am forschen

Man dürfe aber nicht vergessen, dass die Wissenschaft so breit geworden ist, dass es nicht mehr wirklich fair ist, von wenigen Personen zu sagen, dass sie ein Feld maßgeblich vorangetrieben haben. "Innerhalb der Forschung zur DNA-Reparatur und -Wartung entspricht der Bereich der drei Nobelpreisträger etwa zehn Prozent", sagte Klein. "Freilich sind diese drei Herrschaften exzellente und fantastische Wissenschafter, die das Feld weitergebracht haben, doch das könnte man auch von 20 bis 30 anderen Forschern behaupten", so der Genetiker.

"Auch wenn die Auswahl einzelner Personen vielleicht ein bisschen willkürlich sein muss, ist es vermutlich wichtig, das Feld herauszuheben, damit es in der Medizin ein bisschen mehr beachtet wird", sagte er. Denn unter den Ärzten seien die Erkenntnisse zur DNA-Reparatur noch zu wenig bekannt.

Viele medizinische Risikofaktoren, die man mittels Sequenzierung auf dem Erbgut erkennen kann, hätten mit dem Schutz und der Reparatur des Erbguts zu tun, doch in der Standardtherapie würden diese nicht überprüft. "Viele Chemotherapien zielen zum Beispiel darauf ab, Schäden in das Erbgut zu machen, weil Tumorzellen in der Regel darauf besonders anfällig sind", so Klein. Wenn aber der ganze Patient aufgrund eines Risikofaktors besonders anfällig ist, sei dies sehr riskant. "Darauf wird derzeit aber noch nicht Rücksicht genommen", so der Genetiker.

Hoffnungsträger

Ein Hoffnungsträger in der medizinischen Forschung sei es derzeit auch, einzelne DNA-Reparatursysteme im Kampf gegen Tumore pharmakologisch lahmzulegen. "Momentan ist dieses Thema sehr in und viele Forscher suchen nach Hemmstoffen für jeden einzelnen dieser Reparaturmechanismen", erklärte der Wissenschafter. Krebszellen haben nämlich aufgrund ihrer aggressiven Vermehrungsweise einen höheren Anteil von Fehlern und sollten die ersten sein, die ohne DNA-Reparatur nicht überleben können.

"Das stimmt zwar im Prinzip, und bei Krebs in späten Stadien zeigen manche solcher Substanzen eine erstaunlich starke Wirkung, ich warne allerdings persönlich vor dieser Idee", so der Genetiker. Denn auch alle intakten Körperzellen würden die DNA-Reparaturmechanismen dringend brauchen und solche Behandlungen könnten langfristig den Grundbaustein für die Entstehung des nächsten Tumors und für das gefürchtete Wiederaufkommens von Krebszellen legen.