Ein Streik bei der Londoner U-Bahn hat Donnerstag früh ein Chaos im Londoner Nahverkehr ausgelöst. Zehntausende mussten auf Busse, die Stadtbahn Overground und Züge ausweichen - die daher hoffnungslos überfüllt waren. Anders als bei den meisten Streiks fuhren die U-Bahnen nicht mal im Notverkehr, sondern waren komplett lahmgelegt.

Die öffentliche Betreibergesellschaft Transport for London (TfL) will am 12. September einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb der "Tube" am Wochenende einführen - wogegen die Gewerkschaften streiken.

Gestiegene Nachfrage

Transport of London will den neuen Service für die Nacht vom Freitag auf den Samstag und für die Nacht vom Samstag auf den Sonntag einführen. Die Gesellschaft begründet dies mit der gestiegenen Nachfrage, die sich bisher - wo es keinen nächtlichen U-Bahn-Verkehr gab - an der Nutzung der Nachtbusse ablesen lasse. Diese habe seit 2000 um 173 Prozent zugenommen. Als Begründung für das konkrete Datum der Einführung am 12. September nennt die TfL den bevorstehenden Rugby World Cup, der vom 18. September bis zum 31. Oktober in England und Wales ausgetragen wird.

Der Streik hatte am Donnerstag chaotische Szenen zur Folge. "Ich bin unterwegs zum Canary Wharf - hoffentlich bin ich Weihnachten da!", lautete eine Twitter-Nachricht. An den Bushaltestellen fuhren völlig überfüllte Busse vor, in die sich kaum einer der Wartenden zusätzlich hineinquetschen konnte. "Ich bin gemütlich die 4,8 Kilometer bis zum Büro zu Fuß gegangen", twitterte Bella Barlow mit ironischem Unterton. "Ich sollte das immer so machen - Stichwort Gesundheit."

Leifahrräder

Die TfL setzte 200 zusätzliche Busse ein, bot Leihfahrräder an - und veröffentlichte Karten mit empfohlenen Fußwegen. Für Fans des Tennisturniers in Wimbledon, das am Wochenende zu Ende geht, organisierte das Transportunternehmen Sammeltaxis.

Die Londoner Nacht-U-Bahnen sollen künftig auf fünf Strecken fahren. Dem Personal wurden dafür Gehaltserhöhungen von durchschnittlich zwei Prozent in diesem Jahr in Aussicht gestellt, außerdem ein Inflationsausgleich in den kommenden zwei Jahren und eine einmalige Bonuszahlung von 2.000 Pfund (knapp 2.800 Euro) für jeden Nachtfahrer. Die Gewerkschaften erklärten, das Unternehmen habe nicht hinreichend die Auswirkungen der Nachtarbeit auf das Leben der Mitarbeiter in Rechnung gestellt. Es bestehe die Gefahr, dass "das Gleichgewicht von Leben und Arbeit" durcheinandergebracht werde.

Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson erklärte, der Streik sei "politisch motiviert". Eine Sprecherin von Premierminister David Cameron sagte, der Streik sei "nicht hinnehmbar und unbegründet".