Erneut Stille nach dem ohrenbetäubenden Lärm der Flugzeugmotoren. Zum zehnten Mal nach dem 17. Juli 2014 erlebten die Niederlande am Samstag einen Tag der Trauer. Zum letzten Mal landete eine Militärmaschine aus der Ukraine in Eindhoven. Soldaten trugen Särge auf den Platz. Eine Trompete erklang. Dann Schweigen. Minister und mehr als 300 Angehörige gedachten der Opfer von Flug MH17.

Lange Kolonne

Dann fuhren die Leichenwagen in langer Kolonne auf abgesperrten Autobahnen nach Hilversum bei Amsterdam. Vor mehr als neun Monaten wurde die Boeing der Malaysia Airlines auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur vermutlich abgeschossen. Alle 298 Menschen an Bord starben, die meisten waren Niederländer. Mit diesem letzten Transport sind die Bergungsarbeiten offiziell abgeschlossen. Zwei Niederländer konnten bisher nicht identifiziert werden. Die Hoffnung ist groß, dass es nun Gewissheit gibt.

Für alle Angehörigen war jeder dieser Transporte immer auch ein persönlicher Abschied. In jedem der insgesamt 250 Särge konnte ein Teil ihrer Liebsten liegen. Die Wucht der Explosion war so groß, dass auch die Leichenteile kilometerweit verstreut lagen. In den vergangenen Wochen hatten internationale Experten erneut die Absturzstelle in dem umkämpften Gebiet durchforstet und bis zu 60 Zentimeter tief im Boden gegraben. Sie fanden weitere Leichenteile, Trümmer, Reisepässe, Eheringe, Gepäck.

Dass in den nächsten Wochen noch mehr gefunden wird, ist nicht auszuschließen. Doch offiziell wird nicht mehr gesucht. "Wir haben das Menschenmögliche getan", sagte der Leiter des Bergungsteams, Pieter-Jaap Aalbersberg. Damit hat die niederländische Regierung auch ein Versprechen eingelöst. Erst sollten die Opfer nach Hause gebracht werden, hatte Ministerpräsident Mark Rutte am Abend des 17. Juli gesagt. Die Suche nach der Ursache und Verantwortlichen kam an zweiter Stelle.

Da die meisten Opfer aus den Niederlanden kamen, hat das Land dabei die Leitung. Viele Fragen rund Flug MH17 sind noch immer nicht beantwortet.

Was war die Ursache?

Der niederländische Sicherheitsrat will seinen Abschlussbericht im Oktober vorlegen. In einer ersten Bilanz hatten die Experten menschliches und technisches Versagen sowie einen Terroranschlag ausgeschlossen. Das Flugzeug war von außen durch eine Vielzahl kleiner Metallteile mit großer Wucht durchbohrt worden.

Die Schäden weisen auf eine Boden-Luft-Rakete hin. Die explodiert in unmittelbarer Nähe des Zielobjektes, und die winzigen Raketenteile durchlöchern es. Russland und die Rebellen aber nennen als Ursache eine Rakete, die aus einem ukrainischen Militärflugzeug abgefeuert wurde.

Wer steckt dahinter?

Die strafrechtlichen Ermittlungen konzentrieren sich auf pro-russische Rebellen, die über ein Buk-Luftabwehrsystem verfügten. In einem Zeugenaufruf veröffentlichte die niederländische Staatsanwaltschaft Videos und Tondokumente. Mehrere hundert Hinweise vor allem aus der Ukraine gingen ein.

Beweise, dass ein ukrainisches Militärflugzeug eine Rakete abfeuerte, hat die Staatsanwaltschaft bisher nicht. Ermittlungsergebnisse werden nicht vor Ende des Jahres erwartet.

Werden die Täter bestraft?

Der niederländische Justizminister Ard van der Steur warnt vor großen Hoffnungen: "Es wird zweifellos so viel schwieriger sein, als wir alle hoffen", sagte er am Samstag im ukrainischen Charkiw. Die strafrechtliche Verfolgung ist auch politisch äußerst brisant. Es geht um die Frage, ob Russland den Rebellen das Raketensystem geliefert und eigene Experten eingesetzt hat.

Warum flog die Maschine über Kriegsgebiet?

Im Gegensatz zu anderen Fluggesellschaften flogen Malaysia Airlines und die KLM, der niederländische Partner beim Flug MH17, weiterhin über das umkämpfte Gebiet. Kurz vor dem 17. Juli hatte die Ukraine westliche Diplomaten darüber informiert, dass die Rebellen bereits eine Militärmaschine abgeschossen hatten. Die niederländische Regierung hatte KLM nicht gewarnt.