Umweltschutz, Bodenschätze, Wirtschaft und Infrastruktur: Die Herausforderungen der Arktis sind vielfältig. Für das Ministertreffen des Arktischen Rates in Kanada liegen nun neue Abkommen auf dem Tisch - aber der Konflikt mit Russland droht alles zu überschatten.

Bei etwa Minus 15 Grad Celsius liegt Ende April die Durchschnittstemperatur im nordkanadischen Städtchen Iqaluit - und die Atmosphäre der Gespräche beim bevorstehenden Ministertreffen des Arktischen Rates könnte ähnlich frostig werden. Ab dem kommenden Freitag (24. April) sind die Außenminister der acht Mitgliedsstaaten des Forums - Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und die USA - zu der alle zwei Jahre stattfindenden zweitägigen Versammlung geladen. Seit dem letzten Ministertreffen 2013 in Schweden haben zahlreiche Arbeitsgruppen Übereinkünfte vor allem zu Umweltthemen entworfen, die nun eigentlich nur noch abgenickt werden müssten. Doch der Konflikt mit Russland droht alles zu überschatten.

Eigentlich harmloses Forum

Dabei gilt der 1996 gegründete Arktische Rat eigentlich als harmloses und damit auch friedliches Forum - vor allem deswegen, weil es um nicht viel geht. Entscheidungen können nur einstimmig getroffen werden, die verabschiedeten Abkommen sind lediglich Empfehlungen, für die Implementierung sind die einzelnen Staaten zuständig und das ohne große Überwachung, und Sicherheits- und Militärfragen sind offiziell von vornherein schon einmal ganz ausgeklammert.

"Wenn man es damit vergleicht, wie es auf globaler Ebene aussieht, ist es im Arktischen Rat eigentlich unglaublich harmonisch", sagt dann auch die Arktis-Wissenschaftlerin Kathrin Keil vom Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. "Die Russen sind nicht ausgeschlossen worden und haben sich auch selbst nicht ausgeschlossen. Einige hoffen, dass der Rat vielleicht auch eine Möglichkeit bietet, dass die Akteure miteinander reden und dass nicht alle Gesprächsfäden abreißen."

Aber die durch den Ukraine-Konflikt ausgelösten Verstimmungen zwischen Russland und der westlichen Welt seien trotzdem bis in den Arktischen Rat hinein zu spüren gewesen, sagt Keil, die für das mit einem Beobachterstatus ausgestattete Deutschland häufig in Arbeitsgruppen des Forums entsandt wird. "Ich war auf einem Taskforce-Treffen 2014 in Moskau und da sind die Amerikaner und die Kanadier nicht gekommen. Beim nächsten Treffen sechs Wochen später in Helsinki waren sie alle wieder da." Im Gegenzug wolle nun Russlands Außenminister Sergej Lawrow auch nicht nach Iqaluit reisen, wurde in kanadischen Medien bereits spekuliert.

Stopp von Öl-Projekten

Dabei bräuchten sich die Partner im Arktischen Rat alle gegenseitig, erklärt Keil. Auch Russland, das seine Prioritäten vor allem auf die Bodenschätze und Energieressourcen lege, bilde da keine Ausnahme. "Es geht ihnen auch um eine stabile Region und gute Investitionsbedingungen." Ein großer Effekt, den die Krise auf die Arktis habe, sei die Verlangsamung und teilweise auch der Stopp von Öl-Projekten in der russischen Arktis, weil das Land auf das Geld, die Expertise und die Zusammenarbeit mit den großen westlichen Firmen angewiesen sei.

Russland erhebt auch territoriale Ansprüche auf den Nordpol und baut derzeit seine Militärpräsenz in der Arktis immer weiter aus. In der an Bodenschätzen reichen Region, die mit fortschreitendem Klimawandel innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahrzehnte im Sommer eisfrei sein könnte, werden auch große unerschlossene Öl- und Gasvorkommen vermutet.

Zweckoptimismus

Die Arktis-Forscherin blickt trotz aller Konflikte optimistisch auf das kommende Treffen. "Die meisten Teilnehmer machen das seit Jahren, man kennt sich persönlich, das hilft viel. Außerdem ist Kanada sehr interessiert daran, dass es ein toller Event wird. Es ist ja der Abschluss ihrer Präsidentschaft, sie werden dafür sorgen, dass keine strittigen Themen auf den Tisch kommen."