Präsident Barack Obama kritisierte die Entscheidung des Studios, die Nordkorea-Satire "The Interview" nach dem Hackerangriff und Drohungen zurückzuziehen. Sony verteidigte den Schritt.Das Filmstudio hatte den Kinostart am Donnerstag abgesagt. In dem Film bekommen zwei US-Journalisten den Auftrag, Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un bei einem Interview zu töten. Der massive Hackerangriff könnte das Unternehmen nach Einschätzung von Experten bis zu 500 Millionen Dollar kosten.

Die Entscheidung, den Kinostart der Nordkorea-Satire "The Interview" nach Terrordrohungen abzusagen, habe die Kosten immens in die Höhe getrieben, sagte Hemanshu Nigam von der Beraterfirma SSP Blue. Die Produktionskosten für den Film werden auf 75 Millionen Dollar geschätzt. Zudem müsse Sony auf die Einnahmen an der Kinokasse verzichten, sagte Nigam. Wegen der Kontroverse um den Film hätten sich diese nach Einschätzung des Experten auf mehrere hundert Millionen Dollar belaufen können. Hinzu kommen die Ausgaben für die Instandsetzung von Sonys Computernetzwerk sowie Gerichtskosten. Wegen der Verbreitung persönlicher Daten haben Mitarbeiter und frühere Angestellte bereits zwei Klagen eingereicht. Auch der Schaden für Sonys Ansehen ist nach Einschätzung von Branchenkennern beträchtlich.

Wie die US-Bundespolizei FBI am Freitag mitteilte, liegen ihr ausreichend Informationen vor, die den Rückschluss erlauben, dass das kommunistische Land hinter dem Hackerangriff steckt. Kerry verurteilte die Attacke und die Drohungen als "Verstoß gegen internationale Normen". Dieses Vorgehen sei "ein dreister Versuch eines isolierten Regimes, freie Meinungsäußerung zu unterdrücken".

Obama sagte: "Wir werden darauf entsprechend antworten, wann und wie wir es wollen." Der US-Präsident nannte es einen Fehler des Filmstudios, den Kinostart abzusagen. "Wir können nicht in einer Gesellschaft leben, in der irgendein Diktator irgendwo anfängt, in den USA Zensur auszuüben."

Der Chef von Sony Entertainment, Michael Lynton, entgegnete, der Präsident, die Medien und die Öffentlichkeit wüssten nicht, was wirklich passiert sei. Sony Pictures sei nach dem Hackerangriff sowie den Drohungen gegen Kinos und Kinogänger nicht eingeknickt, sagte er in einem CNN-Interview. Ein Filmtheater nach dem anderen habe Sony mitgeteilt, den Film nicht zeigen zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine andere Wahl gegeben, als die für den 25. Dezember geplante Premiere abzusagen. "Wir besitzen keine Kinos. Wir können nicht entscheiden, ob ein Film in einem Kino gezeigt wird oder nicht." Die Firma denke darüber nach, den Film in irgendeiner Art im Internet zu veröffentlichen, sagte Lynton.

Der Chef des Sony-Konzerns in Japan, Kazuo Hirai, hat sich einem Medienbericht zufolge schon frühzeitig besorgt um die Nordkorea-Satire "The Interview" gezeigt und deutlich Kritik geübt. Lange vor der Cyber-Attacke gegen das Filmstudio Sony Pictures im November habe Hirai bereits im Sommer Anstoß an einzelnen Szenen in dem Film genommen, berichtet die "Los Angeles Times" am Samstag.

Die Zeitung griff E-Mails zwischen der Sony Corp. in Tokio und dem Filmstudio in Kalifornien auf, die Hacker nach ihrem Angriff auf das Unternehmen im Netz veröffentlicht hatten. Aus dem Mail-Verkehr geht hervor, dass Hirai von Juni an mehrmals die Entschärfung der Schlussszene verlangte und schließlich auch erwirkte. Der Film zeige zum Schluss die Ermordung des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un durch zwei US-Journalisten, schrieb das Blatt.

Die nordkoreanische Regierung forderte indes die USA zu gemeinsamen Ermittlungen auf. Washington "erhebt unbegründete Anschuldigungen und verleumdet uns", teilte das Außenministerium am Samstag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA mit. "Wir können beweisen, dass dieser Vorfall nichts mit uns zu tun hat." Sollte sich die US-Regierung einer Zusammenarbeit verweigern, hätte dies "ernste Konsequenzen".

Bei der Cyberattacke waren im November flächendeckend die Computersysteme von Sony Pictures angegriffen und zahlreiche Daten gestohlen worden. Das FBI erklärte nun dazu: "Wir sind zutiefst besorgt über die destruktive Natur dieser Attacke auf eine Einrichtung im privaten Sektor." Die mit dem Angriff verbundene Erpressung mache den Schritt Nordkoreas besonders inakzeptabel. Laut US-Bundespolizei stellten sich bei der technischen Analyse der verwendeten Angriffssoftware Verbindungen zu anderen Schadprogrammen heraus, die kürzlich in Nordkorea entwickelt worden seien. Es gebe auch Ähnlichkeiten mit einem von Nordkorea im März vergangenen Jahres ausgeführten Cyberangriff gegen südkoreanische Banken und Medien.