Keiner da? Gut. Denn wenn man den V8 in der Tiefgarage mit den Elektroschocks der Zündung wiederbelebt, brüllt er sich nämlich erst einmal gehörig das Gähnen aus den Brennräumen. Und zusammen mit dem Echo, das von den Wänden zurückgeworfen wird, entwickelt das so ein Volumen, dass einen schon im Stillstand jeder für einen Verkehrsrowdy hält. Zart besaitete könnten da eine Gesichtsfarbe so knallrot wie die fantastische Innenausstattung im Testwagen aufziehen. Zum Beispiel wenn ausgerechnet jetzt der Chef vorbeigeht.

Sinnlich: das rote Interieur
Sinnlich: das rote Interieur © (c) ©Oliver Wolf

Womit wir auch schon beim ersten Fehler wären. Und zwar meinem. Was die anderen von einem halten, muss einem herzlich egal sein, wenn man in einem BMW X5 M sitzt. Natürlich ist der XL-SUV die autogewordene Unvernunft, darüber brauchen wir gar nicht erst zu diskutieren. Und man versteht den rasenden Riesen umso weniger, je mehr man es versucht. Sinn oder Unsinn? Einigen wir uns vorerst auf Wahnsinn in welchem Wortsinn auch immer und werfen den wutschnaubenden Bullen an.

Der BMW hat ein vierflutiges Orchester
Der BMW hat ein vierflutiges Orchester © (c) ©Oliver Wolf

Der 4,4 Liter große, doppelt aufgeladene V8 wirft 575 PS in die Waagschale, die das 2,3-Tonnen-Auto in 4,2 Sekunden von 0 auf 100 stürmen und damit in der Supersportwagenliga spielen lassen. Nur eben im ersten Stock statt zu ebener Erde, pickt es einen da in den Sitz. Das maximale Drehmoment von 750 Newtonmetern hämmert er zwischen 2200 und 5000 Touren in den Antriebsstrang – also so gut wie immer. Eine Ode an den Allradantrieb, der das verwalten muss. Man darf gar nicht darüber nachdenken, wie viel schwarze Magie BMW auspacken muss, um dem knapp 1,8-Meter-Hünen fahrdynamisch nach vorne zu bringen. Aktive Wankstabilisatoren, adaptive Dämpfer, Luftfederung an der Hinterachse - wie die Regelsysteme im Akkord wie in einer Ameisenkolonie arbeiten, kann man sich bildlich vorstellen.

Heiße Eisen für den 2,3-Tonner
Heiße Eisen für den 2,3-Tonner © (c) ©Oliver Wolf

Aber – und das ist erfreulich – der Fahrer muss auch zupacken. Unbeteiligtes Dahincruisen spielt's mit der zackigen Lenkung nicht, da entlässt einen der X5 M nicht aus der Verantwortung. Und wenn man die Beinarbeit in Relation zur Masse setzt, ist das etwa so, als würde Reiner Calmund dribbeln wie Lionel Messi. Der Dampfhammer kann längst nicht nur geradeaus. Wären die Fahrspuren auf der Landstraße nicht plötzlich so verdammt schmal, könnte man Etappenweise vergessen, wie groß der BMW ist. Das Fahrwerk ist klarerweise auf der harten Seite angesiedelt, mit den riesigen Patschen rollt der Riese etwas hölzern ab und läuft gerne den Spurrillen auf der Autobahn nach. Aber vor der technischen Gesamtleistung muss man den Hut ziehen. Egal, ob man jetzt auf Super-SUV steht, oder nicht.

Nicht ganz der Wählhebel der Wahl
Nicht ganz der Wählhebel der Wahl © (c) Oliver Wolf

Ja, wir stehen wieder. Ich seufze, weil ich beim besten Willen nicht verstehe, warum der Wählhebel der formidablen Achtgangautomatik keine Parkstellung hat. Und warum ich bei jedem M-Modell darauf reinfalle. Der Lüfter schnaubt noch lange durch die nierenförmigen Nüstern. Das Echo hallt in der Tiefgarage nach, wieder hält einen jeder sogar im Stillstand für einen Verkehrsrowdy. Aber das muss einem herzlich egal sein.