Noch sind die Gewitterwolken über Wolfsburg nicht abgezogen, die Übeltäter offiziell nicht ausgemacht und somit auch die Folgen und Auswirkungen der Betrugsaffäre noch keineswegs absehbar. Andererseits ist die neue Konzernspitze rund um die Uhr um Schadensbegrenzung bemüht und mit Hochdruck dabei, Europas größtem Autobauer eine neue Struktur und Kultur zu verpassen.

Personalkarussell

Während der zum Aufsichtsratsvorsitzenden und Nachfolger von Ferdinand Piëch berufene frühere Volkswagen-Finanzchef Hans Dieter Pötsch im obersten Gremium die Fäden zieht, baut Matthias Müller seit Wochen das Wolfsburger Haus gravierend um.

Der neue Konzernchef, der im Herbst nach dem abrupten Abgang von Martin Winterkorn den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, setzte dabei auch ein wahres Personalkarussell in Bewegung. In den Vorstandsetagen des Zwölf-Marken-Reichs brach ein heftiger Türschildwechsel aus, speziell bei den Pkw-Marken wurden gut zwei Dutzend Toppositionen frisch besetzt - davon die Chefsessel von Porsche (Oliver Blume), Skoda (Bernhard Maier) und Seat (Luca de Meo).

Der neue Vorstand

Neu aufgestellt und verkleinert hat Müller auch den Vorstand der AG, dem nun neun Mitglieder angehören. Neu geschaffen wurde der Geschäftsbereich "Integrität und Recht", der von der früheren Verfassungsrichterin und Mercedes-Managerin Christine Hohmann-Dennhardt geleitet wird. Die neuen Köpfe im Vorstand sind Frank Witter (Finanzen) und Karlheinz Blessing (Personal), Rupert Stadler (Audi), Herbert Diess (VW), Jochem Heizmann (China), Andreas Renschler (Nutzfahrzeuge) und Francisco Javier Garcia Sanz (Beschaffung) saßen schon vor Ausbruch des Skandals im Vorstand.

Das Urgestein im Gremium ist der machtvolle Chefeinkäufer Sanz. Der Spanier, der einst im Gefolge des legendären Kostenkillers José Ignacio López nach Wolfsburg kam, ist seit 2004 Vorstandsmitglied und aktuell auch Aufsichtsratsvorsitzender des deutschen Bundesligisten VfL Wolfsburg.

Chefsache

Im Ressort des Vorstandschefs sind mehre Bereiche angesiedelt, die ausnahmslos neu besetzt sind: Ulrich Eichhorn (Forschung und Entwicklung), Fred Kappler (Vertrieb), Wolfram Thomas (Produktion), Thomas Sedran (Strategie) und Michael Mauer (Design) berichten an Müller direkt, ebenso wie Johann Jungwirth, der von Apple abgeworbene Digitalisierungs-Experte. Mit mit Hinrich Woebcken gibt es auch einen neuen USA-Boss.

Bei der Vertriebstochter in Salzburg machte der Abgang von VW-Vorstand Christian Klingler eine Neubesetzung der Aufsichtsratsspitze notwendig. Oberaufseher ist jetzt Hans Dieter Pötsch, der schon zuvor Stellvertreter war. Neu im Gremium sind Frank Witter, Herbert Diess und Florina Louise Piëch.

Und wer ist der Täter?

Noch immer nicht geklärt ist die Frage nach den Hauptverantwortlichen der Manipulation. Zwei der drei beurlaubten Entwicklungsvorstände sind weg: Ulrich Hackenberg (Audi) wurde in die Pension verabschiedet, Jakob Neußer (VW) hat das Unternehmen verlassen. Sie wurden durch Stefan Knirsch und Frank Welsch ersetzt. Bleibt noch Wolfgang Hatz: Der Porsche-Mann war einst der oberste Motorenchef im Konzern. Seine Suspendierung ist aufrecht, ein Nachfolger bei Porsche ist nicht bestellt.