Das Motorrad gilt als letztes Refugium emotionaler Begrifflichkeiten. Vielleicht werden wir in ein paar Jahren darüber eh nur noch schmunzeln können, dass es so was einmal gab: Fahrspaß, individuelle Mobilität, den schrägen Blick aufs Leben. Der Markt in Österreich ist zuletzt gewachsen, die Zulassungszahlen bei Motor- und Leichtmotorrädern stiegen wieder. Und immer mehr Menschen befinden eine motorisierte zweirädrige Antwort auf die Staus und die Mühen der urbanen Mobilität für gut.

Derweil wird in der Branche eifrig an der Zukunft gebastelt, und seit Yamaha Ende 2015 seinen motorradfahrenden Roboter ("Motobot") vorgestellt hat, ist die Katze aus dem Sack - autonome, selbstfahrende Motorräder kleben im Windschatten der autonomen Autos, die ja im Teststadium auch nach Österreich rollen sollen.

Im Klartext für Bikes: Alles, was Spaß macht - vom Kurvenschleifen bis zum Beschleunigen - übernimmt die Maschine. Freilich hat Yamaha beruhigt, vielmehr gehe es darum, mit "Motobot" Assistenzsysteme zu entwickeln, die das Motorradfahren vereinfachen sollen.

Aber die Branche diskutiert das Thema. BMW-Vorstandsmitglied Peter Schwarzenbauer sagt zum autonomen Motorrad: "Das kann ich mir ehrlich gesagt ganz schwer vorstellen, da muss man ja auch irgendwann die Frage stellen, warum man denn überhaupt ein Motorrad hat." Einzelne Elemente des autonomen Fahrens, die Motorräder sicher machen könnten, begrüße er, heißt es aber.

Den Fahrroboter
Den Fahrroboter "MotoBot" zeigte Yamaha 2015 auf der Motor Show in Tokyo © YAMAHA

Für Roland Berger, Urmeter der heimischen Motorradszene und Honda-Chef: "Für mich ist ein autonomes Zweirad nicht denkbar, weil ich ja umfallen würde, wenn das Motorrad abrupt abbremst und der Fahrer nicht reagiert und nicht seine Beine auf den Boden stellt etc. Bei einem Dreiradler könnte es ein Thema sein, aber das Ganze bräuchte so enorme Investitionen in Elektronik-, Stadt- und Straßenentwicklung - so schnell wird es nicht kommen."

Und der Aspekt der Sicherheit und Unfallfreiheit, der beim autonomen Fahren immer wieder als Argument genannt wird? Wenn die Maschine lenkt, sei die Fehlerquelle Mensch ausgeschlossen. "Wenn ich das konsequent zu Ende denke, dann müsste ich ja auch das Radfahren verbieten. Und das wird man bestimmt nicht tun", so Berger.

Roland Berger, Urmeter und Stimme der heimischen Motorradszene – und Honda-Chef
Roland Berger, Urmeter und Stimme der heimischen Motorradszene – und Honda-Chef © HONDA

Berger, dessen Firma heuer den Mythos Africa Twin mit Erfolg wiederbelebte, beäugt natürlich die Zukunft der Mobilität auch besorgt. "Leider ist die individuelle Mobilität verpönt. In Wien will man sie bis 2020 halbieren. Aber jeder, der mit dem Roller oder dem Motorrad in die Firma fährt, weiß: kein Parkschein, keine Stauprobleme, man fährt schneller von A nach B. Unser Problem ist ja auch, dass die Industrie das bisher zu wenig klargemacht hat, um das Potenzial, das da wäre, zu heben. Da sind wir jetzt gemeinsam dran, Strategien zu entwickeln."

Und gute Strategien sind gefragt: Das beginnt beim Zweirad-Nachwuchs (Kosten, Führerschein etc.) und endet bei einer mit weiteren Verkehrsmitteln vernetzten urbanen Mobilität. Dass das Thema Motorrad doch tief in den Herzen verankert ist, zeigt Berger aber der Kartenvorverkauf für das Moto-GP-Rennen heuer in Spielberg (14. 8.) - das Interesse ist größer als bei jedem anderen Motorsport-Event der Saison.