Nach langen Jahren der Skepsis bricht Volkswagen eine Lanze für die Elektromobilität. "Dieses Thema E-Fahrzeuge wird kommen", sagte Konzernchef Martin Winterkorn am Dienstag auf dem Genfer Autosalon im ZDF-"Morgenmagazin".

Er wünsche sich strukturelle Unterstützung der deutschen Regierung, etwa beim Bau von mehr Stromtankstellen für batteriebetriebene Fahrzeuge oder bei der Benutzung von mehr Fahrspuren, so ähnlich wie dies in Dänemark und Norwegen gemacht werde. "Wenn wir alle gemeinsam es wollen, werden wir unser Ziel erreichen." Auch BMW-Chef Norbert Reithofer betonte, der Erfolg hänge von Infrastruktur und finanziellen Kaufanreizen ab. Der Branchenverband VDA fordert bessere Abschreibungsmöglichkeiten.

Strengere CO2-Ziele

Die Elektromobilität treibt die Autobranche seit Jahren um, weil in vielen Teilen der Welt die Abgasvorschriften strenger werden und die CO2-Ziele mit sparsameren Benzin- und Dieselmotoren allein nicht zu erreichen sind. Nach anfänglicher Euphorie erlahmte bei vielen Autoherstellern aber das Engagement und Ernüchterung kehrte ein - vor allem wegen der geringen Verkaufszahlen.

Auch VW zeigte sich lange skeptisch gegenüber rein elektrischen Autos. Zeitweise richtete der Konzern alle Kraft auf Hybridversionen. VW-Tochter Audi plante erst nach langem Hickhack ein reines Elektroauto. Unter den deutschen Herstellern bekannte sich zwischendurch nur BMW zur Elektromobilität und brachte den batteriebetriebenen Kleinwagen i3 auf den Markt. Kurz vor Verkaufsstart kriegten die Münchner aber wegen der aufwallenden Skepsis kalte Füße und boten das eigentlich als reines Elektroauto konzipierte Modell mit zusätzlicher Reichweitenverlängerung an.

Starthilfe für Elektroautos

Kunden wie Konzerne sehen die im Vergleich niedrigere Reichweite der Elektroautos mit Sorge. Zudem schrecken viele Käufer vor höheren Kosten zurück. Der niedrige Ölpreis tut ein Übriges, um Fahrzeuge mit Benzinmotoren attraktiver erscheinen zu lassen. VW-Chef Winterkorn sagte, der Benzinpreis sei kurz- und mittelfristig ein Thema. Das sei aber kein Grund, jetzt wieder mehr große Fahrzeuge mit hohem Spritverbrauch auf den Markt bringen. "Wir müssen langfristig denken." CO2-Vorgaben in Europa oder in China seien unabhängig vom Benzinpreis.

VDA-Chef Matthias Wissmann stieß in das gleiche Horn: "Wir wissen genau, dass wir unabhängiger werden müssen von fossilen Brennstoffen, und wissen auch, dass es keinen kurzfristigen Return on Investment gibt", sagte er zu Reuters. Entwicklung und Produktion der Elektroautos verschlingen bei den Herstellern Milliarden. Auf der anderen Seite sind die Kunden nicht bereit, höhere Preise zu bezahlen. "Wir finanzieren unsere alternativen Antriebe teilweise aus den Erträgen der klassischen Segmente", sagte Wissmann. Mit Blick auf die Bundesregierung forderte der Verbandschef erneut bessere Abschreibungsmöglichkeiten. Am besten lasse sich das bei Firmenfahrzeugen umsetzen. Dann komme die Elektromobilität einen großen Schritt voran.

7-Jahres-Zyklen der Autoindustrie

2014 wurden in Deutschland mehr als drei Millionen Neuwagen zugelassen - nur gut 8.500 davon waren Elektroautos und knapp 27.500 Hybridfahrzeuge. "Die Leute kaufen einfach keine Elektroautos", sagte am Montag Stefan Wolf, Chef des Zulieferers ElringKlinger, der Millionen auf diesem Feld verloren hat. "Die Elektromobilität ist überhaupt kein Erfolg." Wolf rechnet auch in den nächsten Jahren nicht mit Besserung. VDA-Chef Wissmann sagte dazu: "Bei der Elektromobilität braucht man einen langen Atem. Das ist den meisten von uns immer klar gewesen."

Daimler-Chef Dieter Zetsche verwies auf die 7-Jahres-Zyklen der Autoindustrie, wo Technologien mitunter 14 oder 21 Jahre brauchen könnten, um stark und relevant zu werden. "Das Auto wird Schritt für Schritt elektrischer." Es gebe Zwischenetappen vom Starter-Generator über Plug-in-Hybrid oder Range Extender bis hin zum reinen Batteriewagen.