Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der neue Golf war das Auto-Ereignis des scheidenden Jahres. Bei Volkswagen herrschte monatelang Ausnahmezustand, wie immer, wenn Wolfsburg zur Gratwanderung antritt und seine Ikone erneuert. Und eines war dort allen klar: Passieren darf da nichts. Geht der Golf daneben, rauscht es bei Europas größtem Autobauer.

"Das Meisterstück"

Seit der Markteinführung Anfang November wissen wir: Auch die siebente Auflage des Kultwagens war eine Punktlandung. Der neue Golf ist ein großer Wurf. Und selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt bei einigen unbeliebt mache, sage ich: Der Siebener-Golf ist für mich das Meisterstück der Golf-Väter. Dieser Reifegrad wird künftig nur schwer zu überbieten sein. Nun: Was macht die Extraklasse des neuen Golf aus? Was macht ihn so souverän, wie hält er weiterhin die keineswegs fade Konkurrenz in Schach? Ich fange vielleicht von vorne an. Da ist schon einmal der unbezahlbare Bonus: Der Golf ist das Original, ihn muss man nicht erklären. Diese Klassenlosigkeit hat bis heute kein Mitbewerber auch nur ansatzweise hinbekommen.

Und dann geht es um das vertraute Golf-Gefühl, um die Erkennbarkeit auf den ersten Blick. Den schwierigen Spagat zu meistern, ist stets die größte Herausforderung. Einerseits gilt es, den Klassenbegründer in ein neues Zeitalter zu führen und technisch zu revolutionieren, andererseits würde die Golf-Klientel keinen radikalen Stilbruch akzeptieren. Das Gefühl dafür hat die Volkswagen-Entwickler nicht verlassen. So ist auch der neue Golf trotz des auffälligen Linienspiels der vertraute Alte geblieben - ein wesentlicher Faktor. Der Siebener-Golf ist spürbar schärfer geschnitten, die Kanten machen ihn dynamischer und sportlicher. Er kommt etwas länger und breiter als sein Vorgänger daher, die veränderten Proportionen lassen ihn noch stämmiger und souveräner auf der Straße stehen. Was mir zudem sehr gefällt: Der neue Golf ist um ganze 100 Kilogramm leichter geworden.

Zeit, einzusteigen. Wie immer fühle ich mich sofort wohl und zu Hause im Golf, es ist die perfekte Ergonomie und das vertraute großzügige Wohnen, dazu verströmt das völlig rätselfreie Cockpit jetzt absolutes Premium-Flair. Die Innenarchitekten haben sich ganz offensichtlich ins Zeug gelegt wie nie zuvor, alles macht einen hochwertigen Eindruck, der Feinschliff bei der Verarbeitung ist schlichtweg beeindruckend.

Auf der Mittelkonsole fällt sofort der große, serienmäßige Touchscreen ins Auge, der bereits auf den sich nähernden Finger reagiert, automatisch Menüs aufklappt und alles gestochen scharf abbildet. Dagegen hätten die Symbole auf den Lenkrad-Tasten einen Hauch größer ausfallen können.

Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe

Der von mir getestete 105 PS starke 1,6-Liter-TDI ist immer noch deutlich als Selbstzünder zu identifizieren, an der ersten Ampel meldet sich der Diesel mit einem leichten Schütteln ab, springt dann aber wieder sanft an. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe schaltet flott und weich, allerdings wäre die Kombination mit der 105-PS-Maschine nicht unbedingt meine Wahl. Da würde ich zu einer leistungsstärkeren Variante greifen. Dafür macht der Verbrauch Freude: Unter fünf Liter zu bleiben, sollte wirklich keine Hexerei sein.

Der Golf ist kein Schnäppchen. Unser viertüriger 105-PS-Testwagen in der Top-Ausstattung Sky kostet 29.600 Euro, einige Extras (Navi, Komfort- und Mediapaket) schrauben den Preis auf 32.960 Euro. Als eines der Highlights im Golf wird die Mehrlenker-Hinterachse gepriesen, die Basis muss mit der einfachen Verbundlenkerachse leben. Was aber dank der perfekten Fahrwerksabstimmung kein Beinbruch ist und keine Einbußen beim Komfort mit sich bringt. Der Golf rollt sauber ab, lenkt sehr präzise ein und nimmt spurtreu und narrensicher jedes Eck.

Resümee: Nie war Golf-Fahren feiner. Auch wenn ich mich nie an die elektrische Bremse gewöhnen werde.