Gegen Wettkampfdenken auf Wiens Straßen: Morgen, Freitag, startet eine Kampagne, die mit dem Slogan "Tschuldigen ist nie verkehrt", für mehr Rücksicht und Fairness unter den Verkehrsteilnehmern werben soll. Dabei wird vor allem auf Situationen, die zwar erlaubt sind, aber Frust hervorrufen, aufmerksam gemacht - etwa Konflikte auf dem Zebrastreifen. Doch auch das eigentlich verbotene Radfahren am Gehsteig ist Thema, denn so manch ein Pedalritter hält sich nicht daran: "Ja, es ist ein großes Problem", so Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) am Donnerstag bei der Präsentation.

Fußgänger und Autofahrer

Die Kampagne richtet sich an alle Verkehrsteilnehmer - vom Fußgänger bis zum Autofahrer. "Die Konflikte im täglichen Verkehr sind Stadtgespräch. Uns ging es darum, in diesem Bereich eine Sensibilisierung zu erreichen", so die Stadträtin. Klischees sollen aufgebrochen und das freundliche Miteinander verstärkt werden. Sie unterstrich dabei, dass es sich bei der Initiative um "keine Hausordnung" handle: "Unser Ziel ist, dass sich die Verkehrsteilnehmer in Wien sicherer fühlen. Egal ob man zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto unterwegs ist".

Für die Kampagne seien bewusst insbesondere Situationen ausgewählt worden, die sich zwar noch im Rahmen des Erlaubten befinden, aber bei den Verkehrsteilnehmern Frustration und Ärger hervorrufen, so die Ressortchefin. Eines der Sujets zeigt zum Beispiel einen Mopedfahrer, der sehr knapp vor einer Fußgängerin, die gerade auf dem Zebrastreifen die Straße quert, zum Stehen gekommen ist. In Sprechblasen gibt es einen kurzen Dialog zwischen den beiden zu lesen: "Tschuldigen", sagt der Lenker, die Frau antwortet: "Passt schon".

Der Slogan der Kampagne lautet "Tschuldigen ist nie verkehrt". In Konfliktsituationen gehe es darum, im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinn, vom Gas zu gehen, nicht gleich einen Streit anzufangen und sich zu entschuldigen, erklärte Vassilakou. Thematisiert wird auch das Radfahren auf dem Gehsteig: "Es ist nicht nur ausdrücklich verboten, sondern auch gefährlich", warnte sie. Die Kosten für die Kampagne belaufen sich auf 338.000 Euro. Insgesamt werden in Wien 500 Plakate aufgehängt, zudem u.a. Folder und Sticker verteilt und Inserate geschaltet. Auf dem Internetportal YouTube gibt es Videos zu sehen. Weiters sind Aktionen im öffentlichen Raum geplant. Die Kampagne wird den ganzen Sommer über andauern und im Herbst in den Schulen fortgesetzt, kündigte Vassilakou an.

Klischees im Straßenverkehr

Die Grundlagen für die Initiative wurden von der Stadt gemeinsam mit Verkehrsorganisationen wie dem Kuratorium für Verkehrssicherheit, ARBÖ, ÖAMTC, Verkehrsclub Österreich (VCÖ), der ARGUS, IG-Fahrrad, Walk Space und der Taxi-Innung erarbeitet. Auch die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, die Wiener Linien, der Österreichische Rollsport- und Inline-Skate-Verband, die Red Bikern sowie Fahrlehrer waren an der Entstehung beteiligt. Dabei wurden u.a. die Ursachen für negative Klischees im Straßenverkehr eruiert und die Verkehrssituation in der Bundeshauptstadt analysiert.

Die Sensibilisierungskampagne wurde in der Vergangenheit immer wieder mit dem Begriff "Knigge" in Zusammenhang gebracht. Zunächst kursierten außerdem Meldungen, wonach vor allem Regeln für rücksichtslose Radler geplant seien. Mit der nun erarbeiteten Aktion sollen alle Verkehrsteilnehmer angesprochen werden.