Nach bisherigen Ermittlungen erschoss der 18-jährige Deutsche mit iranischen Wurzeln am Freitagabend am Olympia-Einkaufszentrum in München neun Menschen, verletzte 16 weitere und tötete sich danach selbst. Die Polizei sprach am Freitagabend zunächst von einer Terrorlage, die Stadt befand sich im Ausnahmezustand. Doch ob es wirklich ein Anschlag mit politischen Bezügen oder ein Amoklauf des Deutsch-Iraners war, ist offen. Die Polizei geht inzwischen davon aus, dass er als Einzeltäter handelte.

Der Attentäter soll sich viel mit Computer-"Ballerspielen" beschäftigt und den Attentäter des Amoklaufs von Winnenden verherrlicht haben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Samstag aus Sicherheitskreisen. 2009 hatte ein 17-Jähriger an seiner früheren Realschule in Winnenden bei Stuttgart und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst getötet.

Aus den Sicherheitskreisen hieß es weiter, der Attentäter von München soll Probleme in der Schule gehabt haben. Er sei in Deutschland groß geworden, seine Eltern seien in den 90er Jahren in die Bundesrepublik gekommen. Die Motive für die Bluttat seien noch unklar. Nach ersten Erkenntnissen sei der junge Mann bisher nicht im Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität in Erscheinung getreten. Es werde aber in alle Richtungen ermittelt.

Nach der Schießerei mit zehn Toten in München hat die Polizei Entwarnung gegeben: Der Schütze, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, habe mit hoher Wahrscheinlichkeit alleine gehandelt, teilte sie in der Nacht auf Samstag mit. Polizeipräsident Hubertus Andrä sagte vor Journalisten, es gebe bisher keine Parallelen zum Zug-Angriff von Würzburg, der einen islamistischen Hintergrund hatte.

"Wir gehen momentan von einer Schießerei aus", sagte Andrä auf die Frage, ob es sich um einen Amoklauf oder einen Anschlag gehandelt habe. Die Antwort auf die Frage sei mit dem Motiv verknüpft, über das man nichts sagen könne. Den von einem 17-jährigen afghanischen Flüchtling verübten Axt-Angriff in einem Regionalzug in Würzburg hatte die sunnitische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) für sich beansprucht.

Am Morgen nach der Bluttat ist in der bayerischen Landeshauptstadt augenscheinlich wieder Ruhe eingekehrt. Der öffentliche Nahverkehr war wieder in Betrieb, wie die Münchener Polizei am Samstagmorgen über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Nur der U-Bahnhof am Olympia Einkaufszentrum (OEZ) wurde demnach nicht angefahren.

Amateurvideo

"Wir haben derzeit keine Erkenntnisse, dass dieser brutale und traurige Fall dazu Anlass gibt, sich unsicher zu fühlen", betonte der Polizeipräsident. Er bestätigte, dass es sich bei dem 18-Jährigen um jene Person handelt, die auf einem Amateurvideo auf einem Flachdach zu sehen ist. Dieser Mann hatte in einem Wortgefecht mit einem Augenzeugen darauf hingewiesen, dass er ein "Deutscher" sei.

Die Leiche des jungen Mannes sei etwa einen Kilometer vom Einkaufszentrum entfernt gefunden worden. Er habe sich sehr wahrscheinlich selbst getötet, sagte der Münchner Polizeipräsident. Der Mann mit deutscher und iranischer Staatsbürgerschaft habe seit mehr als zwei Jahren in München gelebt, sagte Andrä. Er sei bisher noch nicht polizeilich aufgefallen.

Bei der Bluttat waren mindestens neun Menschen sowie der mutmaßliche Täter ums Leben gekommen. 16 weitere Personen wurden verletzt, davon schweben drei in Lebensgefahr. Unter den Toten seien Jugendliche, unter den Verletzten auch Kinder, so Andrä, der keine weiteren Angaben zur Identität der Opfer machen wollte.

Auf der Flucht

Nach Angaben Andräs hatte der 18-Jährige in einem Fast-Food-Restaurant zu schießen begonnen, anschließend gab er Schüsse bei einem Einkaufszentrum ab und ergriff die Flucht. Eine Zivilstreife sei schon früh auf den Täter gestoßen und habe auch auf ihn geschossen. Es sei aber noch unklar, ob der Täter dabei auch getroffen wurde. Er sei später in einer Seitenstraße beim Einkaufszentrum tot aufgefunden worden.

Zunächst war aufgrund von Zeugenaussagen noch von drei flüchtigen Männern mit "Langwaffen" ausgegangen worden. Sie saßen in einem Auto, das am Tatort mit hoher Geschwindigkeit davongebraust sei. Ermittlungen hätten ergeben, dass sie nichts mit den schrecklichen Geschehnissen zu tun haben.

Nach den Schüssen war Panik in Teilen der Stadt ausgebrochen, die Polizei rief die Bürger zum Daheimbleiben auf. Der öffentliche Verkehr wurde eingestellt, der Hauptbahnhof evakuiert. Es habe zahlreiche Hinweise auf Schießereien oder auch Geiselnahmen gegeben, die zu einer "massiven Verunsicherung" geführt hätten, sagte Andrä. Alle Berichte hätten sich als falsch herausgestellt. Insgesamt seien 2300 Polizisten im Einsatz gewesen, so der Polizeipräsident, der dabei explizit auch die 42 österreichischen Cobra-Beamten erwähnte.

Sitzung des Sicherheitskabinetts

Wegen der Bluttat brach der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere am Abend eine USA-Reise ab. Er wollte im Laufe des Samstags in München eintreffen, am selben Tag war in Berlin auch eine Sitzung des Sicherheitskabinetts unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel geplant. Die deutsche Bundesregierung betonte in einer Mitteilung, sie wolle "keine voreiligen Stellungnahmen und Spekulationen abgeben". Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte, es werde in alle Richtungen ermittelt.

In Österreich wurde die Cobra im ganzen Land in Alarmbereitschaft versetzt, in allen an Deutschland angrenzenden Bundesländern wurde laut Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) "der Grenzschutz hochgefahren". "Das, was nach dieser Lage notwendig ist und getan werden kann, das hat Österreich getan", sagte Sobotka von der Einsatzzentrale des Innenministeriums aus in der "ZiB24". Man müsse aber "gewärtig sein, dass es auch bei uns passieren kann", so der Minister. "Gegen solche Terroristen oder Kriminelle kann man sich ganz schwer schützen."

Breivik-Jahrestag

International wurde die Schießerei, die sich am fünften Jahrestag des rechtsextremen Attentats von Anders Behring Breivik mit 77 Toten in Norwegen ereignete, mit Bestürzung kommentiert. US-Präsident Barack Obama sagte Deutschland "jegliche Unterstützung" zu. "Wieder ein Angriff. Diesmal in Deutschland", teilte der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump lapidar mit. Der britische Außenminister Boris Johnson äußerte sich "zutiefst schockiert" und "traurig", sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault sprach von einer "schweren Prüfung" für Deutschland.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schrieb auf Facebook von "erschütternden, dramatischen Stunden", sein Stellvertreter Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich "entsetzt über den schrecklichen Angriff". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich "einfach sprachlos und wütend" darüber, dass der Terror "Einzug hält". Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen betonte: "In d(en) Augenblicken d(es) Horrors müssen wir zusammenstehen." Sein FPÖ-Kontrahent Norbert Hofer erklärte: "Diese Taten sind furchtbar."