Alarm! Alle müssen sofort raus aus Prypjat. Am 26. April 1986, als es im nahe gelegenen Atomkraftwerk Tschernobyl in Block 4 zur einer Explosion kam, wohnten in der urkrainischen Kleinstadt knapp 50.000 Menschen, darunter 15.500 Kinder. Heute, da sich der Super-GAU zum 32. Mal jährt, ist sie eine Geisterstadt. Offiziellen Schätzungen zufolge sollen weltweit bis zu 4.000 Menschen an den Folgen der Strahlung gestorben sein.

Radioaktive Stoffe kontaminierten infolge des Niederschlags hauptsächlich die Region nordöstlich von Tschernobyl, aber auch viele Länder in Europa. Auch Teile Österreichs waren stark betroffen. Nach der Katastrophe begannen sogenannte Liquidatoren mit der Dekontamination der am stärksten betroffenen Gebiete.

Hohe Strahlenbelastung

Der Bau der gewaltigen Schutzhülle über der Atomruine kommt 32 Jahre später nur langsam voran. Schuld ist die Strahlenbelastung, die an einem Ende der Schutzhülle nach wie vor außerordentlich hoch ist. Die Arbeiter können immer nur kurz eingesetzt werden. Alles andere wäre lebensgefährlich.

Im November 2016 hatten Spezialisten die Ruine mit einer Schutzhülle verschlossen. Der 36.000 Tonnen schwere Sarkophag soll 100 Jahre Sicherheit vor radioaktiver Strahlung garantieren. Eigentlich sollte der Bau Ende Mai 2018 abgeschlossen werden. Der Termin wird aber aufgrund von nicht bekannten Kontaminationen am Reaktorgebäude" nicht zu halten sein, wie die Frankfurter Allgemeine berichtet.

Obwohl die Gefahren eines GAUs (=Größter anzunehmender Unfall) offensichtlich sind, wird Atomkraft in vielen Ländern der Welt zur Erzeugung von Energie eingesetzt. Stimmen dagegen werden nicht nur anlässlich des Jahrestages laut:

Wie das Atom-Zeitalter begann

Auf einem Squash-Platz in Chicago begann das Atom-Zeitalter. Enrico Fermi gelang dort die erste nukleare Kettenreaktion, Atomkraftwerke und Atombomben wurden dadurch erst möglich.

Das Experiment war so riskant, dass Fermi noch nicht einmal Universitätspräsident Robert Hutchins vorher darüber informierte. Auf einem Squash-Platz unter den Tribünen des Stadions der University of Chicago baute der italo-amerikanische Physiker Fermi abgeschirmt von Steinquadern den ersten Atommeiler und löste damit am 2. Dezember 1942 die erste kontrollierte nukleare Kettenreaktion aus.

Knapp drei Dutzend Forscher wurden Zeugen, darunter der Physiker Samuel Allison. "Alle von uns wussten, dass mit dem Anbruch der Kettenreaktion die Welt nie wieder die selbe sein würde", schrieb er später. Heute erinnert Henry Moores Statue "Nuclear Energy" an der Stelle in Chicago, wo einst Fermis erster Meiler stand, an das historische Ereignis, das den Beginn des Atom-Zeitalters markierte.

Wenn das Experiment schief gegangen wäre, wäre wohl ein großer Teil Chicagos verstrahlt worden. Als Sicherheitsvorkehrung standen nur ein paar Wissenschafter mit einer Axt und Eimern voller Kadmiumsulfat bereit. "Rennt so schnell ihr könnt hinter einen großen Berg viele Meilen entfernt", hatte Fermi seinen Kollegen halb im Scherz als Notfallparole mit auf den Weg gegeben. Aber das Experiment am 2. Dezember 1942 klappte und der "Chicago Pile" produzierte Energie - allerdings so wenig, dass man davon noch nicht einmal eine einzige Glühbirne hätte leuchten lassen können. Trotzdem morsten die Forscher stolz nach Washington: "Der italienische Entdecker ist gerade in der neuen Welt gelandet. Alle sind gesund und froh."

Fermi hatte mit dem Experiment unter anderem beweisen wollen, dass sich der Kern von Uran unter dem Beschuss elektrisch neutraler Teilchen, den Neutronen, spalten lässt und dabei große Mengen Energie freisetzt. Ziel der Arbeiten im Rahmen des US-Atomprogramms "Manhattan Project" war die Gewinnung von Plutonium.

Dann kam die Atombombe

Nachdem Fermi den Grundstein für Atomkraftwerke gelegt hatte, beteiligte sich Fermi im Rahmen des "Manhattan Project" am Bau der Atombombe. Rund zweieinhalb Jahre nach der Reaktor-Premiere in Chicago, am 16. Juli 1945, löste Fermi mit Robert Oppenheimer und anderen namhaften Physikern die erste Kernexplosion in der Wüste von New Mexico aus. Dem Test folgte nicht einmal drei Wochen danach der Abwurf von Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki.

Da war längst allen klar geworden, welche Konsequenzen das Experiment auf dem Squash-Court unter den Tribünen des Stadions der University of Chicago gehabt hatte. Inzwischen gibt es weltweit Hunderte Atomkraftwerke, die so gewonnene Energie macht unabhängiger von fossilen Brennstoffen. Aber der Prozess kann auch dramatisch schiefgehen, wie 1986 eben in Tschernobyl und 2011 auch in Fukushima.