Eine Vegan-Aktivistin soll ein Schussattentat auf die YouTube-Zentrale in Kalifornien begangen haben, bei der am Dienstag (Ortszeit) drei Menschen schwer verletzt wurden. Nach dem Angriff Dienstagmittag (Ortszeit) in San Bruno nahe San Francisco hat sich die Frau vermutlich selbst getötet. Motiv und Hintergründe waren zunächst unklar.

Die Angreiferin war laut Polizei 39 Jahre alt. Auf der Videoplattform betrieb die Aktivistin mehrere Kanäle und veröffentlichte unter anderem Tierrechts- und Fitnessclips. Zuletzt hatte sie sich über eine vermeintliche Zensur ihrer Videos beschwert.

Um die Mittagszeit waren bei der Polizei am Dienstag nach den ersten Schüssen mehrere Notrufe eingegangen. Angestellte verbarrikadierten sich in Büroräumen. Andere flüchteten aus dem Gebäude. Augenzeugen beschrieben panische Momente. Die drei Schussopfer wurden in ein Krankenhaus gebracht. Ein 36-jähriger Mann befand sich Medienberichten zufolge in kritischem Zustand. Auch zwei Frauen, 27 und 32 Jahre alt, erlitten Schusswunden. Ein vierter Verletzter habe sich auf der Flucht den Knöchel verdreht, berichtete ABC7, der örtliche TV-Sender von ABC News in Los Angeles.

"Es war sehr chaotisch", beschrieb der Polizeichef von San Bruno, Ed Barbarini. Hunderte Menschen strömten aus dem Gebäude, teilweise mit erhobenen Händen. Sie wurden von Beamten nach Waffen durchsucht. Einsatzteams durchkämmten den Komplex. Erst nach mehreren Stunden kam die Entwarnung, dass den Beschäftigten der Google-Schwesterfirma keine weitere Gefahr drohte. Die 39-Jährige sei in dem Komplex von der Polizei gefunden worden, teilten die Ermittler mit. Laut Medienberichten gab die Frau mindestens 40 Schüsse ab, bevor sie sich selbst getötet habe.

Nach Angaben der Polizei wohnte sie im südkalifornischen San Diego. Medienberichten zufolge stammt sie aus dem Iran. Die Beamten haben bisher keine Belege dafür, dass die mutmaßliche Schützin ihre Opfer kannte oder sie gezielt ausgesucht hatte. Ihr Vater sagte der Zeitungsgruppe Bay Area News Group, seine Tochter habe sich geärgert, dass YouTube sie nicht mehr für ihre Videoinhalte bezahlt habe. Sie sei eine vegane Aktivistin gewesen, zitierte ihn die Zeitung East Bay Times, die zur Mediengruppe gehört.

Bei YouTube betrieb sie seit Jahren mehrere Accounts. Sie beschwerte sich in der Vergangenheit über eine angebliche Diskriminierung und Zensur ihrer Inhalte und verlinkte auf Videokanäle anderer YouTuber mit ähnlichen Problemen. Ihre Seiten auf YouTube, aber auch auf Facebook und Instagram sind inzwischen gesperrt.

Der 2005 gegründete Videodienst YouTube zählt zu den weltweit populärsten Internetseiten. Die mehr als eine Milliarde Nutzer können dort kostenlos Film- und TV- Ausschnitte oder auch Fernsehserien und Musikvideos ansehen, aber auch selbst Clips ins Netz stellen. Sie verdienen dann an den Werbeeinnahmen, die rund um das Video generiert werden. 2006 hatte der Internetriese Google den Dienst um 1,65 Milliarden Dollar (1,34 Mrd. Euro) übernommen.

Google-Chef Sundar Pichai bezeichnete den Vorfall als einen "schrecklichen Akt von Gewalt". Viele Mitarbeiter stünden unter Schock. Er sagte den Betroffenen Hilfe zu, um diese "unvorstellbare Tragödie" zu überwinden. YouTube-Chefin Susan Wojcicki dankte den Einsatzkräften für die schnelle Reaktion auf den Vorfall. "Wir sind in Gedanken bei allen, die heute verletzt wurden und betroffen waren", schrieb Wojcicki auf Twitter.

Die Behörden gehen nicht von einem terroristischen Hintergrund der Tat aus. Die Leitung der Ermittlungen habe die Polizei San Bruno, teilte die Bundespolizei FBI mit. Dies wird als Zeichen gewertet, dass es sich nicht um einen Angriff gegen den Staat handelt.

US-Präsident Donald Trump erklärte, seine "Gedanken und Gebete" seien bei denen, die in die Tat in San Bruno verwickelt seien. "Danke an unsere phänomenalen Polizisten und Ersthelfer, die derzeit am Tatort sind", schrieb er auf Twitter. Apple-Chef Tim Cook und Twitter-Gründer Jack Dorsey sprachen den Opfern und ihren Familien ihr Mitgefühl aus. "Ich kann mir nicht vorstellen, was unsere Freunde bei YouTube jetzt fühlen und womit sie fertig werden müssen. Wir sind da für euch, eure Familien und Freunde", schrieb Dorsey auf Twitter.