Eine spanische Hilfsorganisation ist bei der Rettung von Migranten auf dem Mittelmeer nach eigenen Angaben von der libyschen Küstenwache mit Waffen bedroht worden. Danach musste es mit entkräfteten Menschen an Bord mehr als einen Tag auf die Einfahrt in einen sicheren Hafen warten, twitterte der Gründer der Organisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, am Freitag.

Weil sie gerettete Frauen und Kinder am Donnerstag 73 Seemeilen vor der libyschen Küste nicht den Libyern übergeben wollten, hätten diese mit Schüssen gedroht, schrieb Camps.

Frauen, Kinder und ein Baby

Dem Schiff mit mehr als 200 Menschen an Bord sei danach zeitweise die Einfahrt in einen sicheren Hafen in Europa verweigert worden und es hätte mit Menschen in kritischem Zustand auf hoher See bleiben müssen, erklärte Camps. Ein drei Monate altes Baby und seine Mutter seien nach Malta in Sicherheit gebracht worden, aber viele andere seien am Ende ihrer Kräfte und bräuchten schnell Hilfe, schrieb die Organisation.

Richtung Sizilien

Am Freitagabend wies die italienische Küstenwache dem Schiff dann den Hafen in Pozzallo auf Sizilien zu. Die Retter hätten auf eine Entscheidung der spanischen Behörden gewartet, in welchen Hafen sie fahren sollten, hieß es in einer Mitteilung aus Rom. Denn das Schiff fahre unter spanischer Flagge. Wegen des schlechten Wetters und dem Zustand der Menschen an Bord habe man dem Schiff dann aber die Fahrt in Richtung Sizilien erlaubt.

"Grenze zur Piraterie"

Der italienische Senator und Menschenrechtsexperte Luigi Manconi erklärte, das Schiff sei in internationalen Gewässern bedroht worden und sprach von einer "Aktion an der Grenze zur Piraterie". Die spanische NGO zählt zu den wenigen privaten Hilfsorganisationen, die noch im Mittelmeer bei der Flüchtlingsrettung aktiv sind.

Menschenunwürdiges Vorgehen

Seit Italien im vergangenen Sommer eine Vereinbarung mit der libyschen Küstenwache abgeschlossen hat, kommen weit weniger Migranten an der Küste des Landes an. Jedoch kritisieren Menschenrechtsorganisationen die schrecklichen Zustände in Flüchtlingslagern in Libyen und das menschenunwürdige Vorgehen der Küstenwache des Bürgerkriegslandes.

Letztes Jahr hatte die libysche Regierung eigenmächtig eine eigene Such- und Rettungszone im Mittelmeer von 74 Seemeilen ausgerufen, was aber rechtlich umstritten ist.