Die Tränen der Hinterbliebenen sind noch nicht getrocknet, da klingeln die Kassen der Waffenhändler in Florida bereits wieder. Weniger als eine Autostunde von der Marjory Stoneman Douglas High School entfernt, öffnete am Samstag die große South Florida Gun Show ihre Tore. Rund 140 Verkäufer bieten dort Waffen feil, deren Besitz den US-Bürgern in ihrer Verfassung garantiert wird. Darunter finden sich auch halb automatische Gewehre des Typs AR-15 – jene Waffe, mit der Nikolas C. in seiner ehemaligen Schule vor wenigen Tagen 17 Menschen erschossen und 15 weitere verletzt hat. Der 19-Jährige hat die Waffe legal erstanden. Gewehre bekommt man in Florida ab 18, Pistolen ab 21 Jahren.

Toleranz "für alle Meinungen"

Trotz Protesten kam für die Veranstalter eine Absage oder ein Verschieben der Messe nicht infrage. „Kriminelle Elemente“ würden ohnehin immer an Waffen gelangen, sagt Organisator Jorge Fernandez. Von Kritikern fordert er Toleranz „für alle Meinungen“. Unterstützung erhalten die Händler vor allem von republikanischen Politikern. Auch von Floridas Senator Marco Rubio, der sagt, strengere Gesetze hätten keine der vielen Schießereien in der Vergangenheit verhindern können. Dass Politiker, die derartige Aussagen tätigen, oft viel Geld von der Waffenlobby für ihre Wahlkämpfe erhalten, ist kein Geheimnis. Rubio erhielt offiziell umgerechnet mehr als 70.000 Euro von der Waffenvereinigung National Rifle Association für sein Antreten im Präsidentschaftswahlkampf 2016. Insgesamt soll er bereits mehrere Millionen Dollar bekommen haben. Häufig sind es dieselben Volksvertreter, die nun wieder sagen, es sei pietätlos, so kurz nach einem so tragischen Vorfall über Gesetzestexte zu sprechen.

Eve Silverbach richtet ihren Stand für die Besucher der South Florida Gun Show her: Sie bietet spezielle Handtaschen für Handfeuerwaffen an
Eve Silverbach richtet ihren Stand für die Besucher der South Florida Gun Show her: Sie bietet spezielle Handtaschen für Handfeuerwaffen an © APA/AFP/MICHELE EVE SANDBERG

In schlechtem Licht erscheint dieser Tage nicht nur das FBI, das bereits Versäumnisse in der Causa einräumte, auch die lokale Polizeibehörde habe versagt, berichtet CNN. Auch hier seien die „Gewaltausbrüche“ des Schützen seit Jahren bekannt gewesen. Seine Mutter habe wiederholt die Polizei gerufen und gebeten, ihr im Umgang mit den „Gewaltausbrüchen, Drohungen und dem selbstzerstörerischen Verhalten“ ihres Sohnes zu helfen. Auch ein Video von C. auf Youtube sei bekannt gewesen. Darin kündigte dieser an: „Ich werde ein professioneller Schulschütze.“

Die Show muss weitergehen

Präsident Donald Trump, der Überlebende im Spital besuchte, kündigte Maßnahmen an, damit Schüler künftig sicherer wären: „Darauf können Sie zählen.“ Bis dahin muss die Show weitergehen. Bei der Florida Gun Show zahlen Kinder unter 12 übrigens keinen Eintritt.

Forderung nach strikteren Waffengesetzen

Am Samstag sind in Florida hunderte Schüler auf die Straße gegangen, um für schärfere Waffengesetze zu demonstrieren. An der Kundgebung in Fort Lauderdale nahmen auch zahlreiche Überlebende des Blutbades teil. Lehrer und Vertreter mehrerer Gemeinden schlossen sich an.

Proteste in Fort Lauderdale
Proteste in Fort Lauderdale © APA/AFP/RHONA WISE

In leidenschaftlichen Reden brachten junge Leute neben ihrer Trauer um Schulkameraden tiefen Zorn darüber zum Ausdruck, dass sich trotz einer nicht abreißenden Serie von Bluttaten an Schulen und anderen Einrichtungen nichts an den laschen Waffengesetzen in den USA geändert habe. Seit den tödlichen Schüssen an der Marjorie Stoneman Douglas High School haben Schüler der Einrichtung in den sozialen Medien, in Fernsehauftritten und auf der Straße lautstark Konsequenzen gefordert - und Politiker angeprangert, die von der mächtigen Waffenlobby-Organisation NRA Wahlkampfgelder angenommen haben. "Schande über euch!", rief eine Schülerin bei der Kundgebung am Samstag, während sie sich die Tränen aus den Augen wischte. "Genug ist genug!"