Der Nobelpreis in Physik geht heuer zur Hälfte an Rainer Weiss und zur anderen Hälfte an Barry Barish und Kip Thorne. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt. Die drei US-Forscher werden für den Nachweis der von Albert Einstein beschriebenen Gravitationswellen ausgezeichnet.

Gravitationswellen waren 1916 von Albert Einstein in der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt worden. Im vergangenen Jahr wurde von Forschern um die nunmehrigen Preisträger am LIGO-Detektor (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) in den USA erstmals eine solche Welle nachgewiesen. Die Entdeckung galt als Sensation und wurde vielfach als nobelpreisträchtig eingeschätzt.

Rainer Weiss, Barry Barish and Kip Thorne
Rainer Weiss, Barry Barish and Kip Thorne © APA/AFP/MOLLY RILEY

Das Ereignis, das nun zur Zuerkennung des Nobelpreises für Physik an die drei US-Forscher Rainer Weiss (Jahrgang 1932) sowie Barry Barish (1936) und Kip Thorne (1940) führte, habe "die Welt geschockt", sagte Göran Hansson, Generalsekretär der Schwedischen Akademie der Wissenschaften am Dienstag. Am 14. September 2015 ging den Forschern die erste Gravitationswelle ins Netz.

Das Signal sei zwar sehr schwach gewesen, als es die Erde erreichte, habe aber sofort eine Revolution in der Astrophysik eingeleitet, heißt es in der Begründung der Jury. Aufgezeichnet wurde die Premieren-Welle am Observatorium LIGO, das aus zwei nahezu identischen Detektoren in Hanford (US-Bundesstaat Washington) und 3.000 Kilometer davon entfernt in Livingston (US-Bundesstaat Louisiana) besteht. An dem Forschungsprojekt sind mehr als 1.000 Forscher - darunter auch österreichische Physiker - beteiligt.

Die Preisträger "haben zusammen eine Vision realisiert, die fast fünfzig Jahre alt ist", so die Jury. Mit ihrem "Enthusiasmus und ihrer Hingabe" war jeder der drei in unschätzbarem Ausmaß an dem Erfolg von LIGO beteiligt, heißt es. Der gemeinsamen Anstrengung der Pioniere sei es zu verdanken, dass die lange Suche nach dem direkten Nachweis von Gravitationswellen zu einem erfolgreichen Ende geführt wurde.

Der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätige Rainer Weiss arbeitete bereits seit den 1970er Jahren an der Analyse möglicher Quellen von kosmischen Hintergrundgeräuschen, die die Messungen der lange vorhergesagten Gravitationswellen, stören können. Er hat auch das Detektor-Konzept mit der sogenannten Laserinterferometrie entwickelt. Weiss und Thorne, der wie Barish am California Institute of Technology (Caltech) tätig ist, waren überzeugt, dass damit der Nachweis gelingen könnte. Zusammen mit Barry Barish - dem Forscher, der laut der Jury das Projekt vollendete - schafften sie im vergangenen Jahr den Durchbruch.

Aufgrund der Tatsache, dass die vor allem durch kosmische Großereignisse wie Sternenexplosionen oder verschmelzende Schwarze Löcher ausgelösten Wellen kaum messbar sind, gestaltete sich die Suche so langwierig. Einstein selbst glaubte nicht daran, dass eine Beobachtung einmal tatsächlich möglich wird.

Die Existenz von Gravitationswellen liefert direkte Beweise für die Störung der Raumzeit selbst. "Das ist etwas völlig Neues, was uns den Blick auf eine bisher ungesehene Welt eröffnet. Eine Fülle an neuen Entdeckungen erwartet jene, die es geschafft haben, die Wellen aufzuzeichnen und nun ihre Botschaft entschlüsseln", so das Komitee. Etwas bodenständiger lautete die erste Reaktion von Weiss: "Mir geht es gut, ich habe sogar Hosen an", sagte er in einem ersten Interview im Rahmen der Pressekonferenz.

1993 gab es schon einmal einen Physik-Nobelpreis für einen - allerdings nur indirekten - Nachweis von Gravitationswellen: Die US-Astronomen Joseph Taylor und Russell Hulse hatten 1974 zwei einander umkreisende Neutronensterne beobachtet. Ihre Umlaufzeit nimmt langsam ab, was sich exakt mit dem Energieverlust durch Gravitationswellen erklären lässt.

Preissumme angehoben

Die Auszeichnung ist heuer mit neun Millionen Schwedischen Kronen (rund 940.000 Euro) dotiert, die Nobelstiftung hat die Preissumme gegenüber dem Vorjahr um eine Million Kronen angehoben.

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die drei in Großbritannien geborenen, in den USA tätigen theoretischen Physiker David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz. Sie wurden "für theoretische Entdeckungen topologischer Phasenübergänge und topologischer Materiephasen" ausgezeichnet. Es handelt sich dabei um exotische Materiezustände in dünnen Schichten, mit ihren Arbeiten hätten sie "die Tür in eine bisher verborgene Welt geöffnet", hieß es in der Begründung. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.