Im Fall der Erpressung mehrerer deutscher Handelsketten haben die Ermittler einen 53 Jahre alten Deutschen festgenommen. Der Mann werde zur Stunde dem Haftrichter wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung vorgeführt, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger in Konstanz am Samstagnachmittag.

Der Mann hat am Abend die Vorwürfe gegen ihn gestanden. Außerdem habe er dem Haftrichter gesagt, dass er keine weiteren vergifteten Lebensmittel verteilt habe. Das teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Samstagabend in Konstanz mit. Gegen den 53-Jährigen aus dem Kreis Tübingen war Haftbefehl erlassen worden, er wurde bereits in eine Justizvollzugsanstalt gebracht. Der Vorwurf gegen den Verdächtigen lautet auf versuchte räuberische Erpressung.

Der Mann aus Ofterdingen bei Tübingen sei nach Hinweisen aus der Bevölkerung am Freitagnachmittag festgenommen worden. Er habe die Tat bisher nicht gestanden. Die Beweislast gilt aber als erdrückend - wegen des Abgleichs mit den Fahndungsfotos und dem Abgleich von Spuren. So sei bei dem Mann auch das Gift gefunden worden, mit dem Babynahrung in Friedrichshafen versetzt worden war. Der Mann lebte demnach seit 2005 in Baden-Württemberg. Zuvor war er in Bayern gemeldet gewesen. Zunächst hatte es geheißen, der Verdächtige sei 55 Jahre alt.

Gift gefunden

Die Polizei hat nach der Festnahme eine verbliebene Giftmenge im Haus des Verdächtigen gefunden. Dies dürfte der gesamte Rest sein, der bei der Manipulierung der fünf gefundenen Babynahrungsgläschen übrig geblieben sei.

"Wir wissen es aber nicht exakt", sagte Polizeivizepräsident Uwe Stürmer am Samstag in Konstanz. Daher könne noch keine vollständige Entwarnung gegeben werden. Die bei dem 53 Jahre alten Mann gefundene Menge Ethylenglycol hätte gereicht, weitere fünf Gläschen mit Babynahrung zu vergiften.

Psychisch auffällig

Der im Fall der vergifteten Babynahrung am Bodensee festgenommene mutmaßliche Erpresser ist den Ermittlern zufolge ein Mann mit psychischen Auffälligkeiten. Es handle sich um einen 53-Jährigen mit Brüchen in der Biografie, sagte Polizeivizepräsident Uwe Stürmer am Samstag in Konstanz. Der Mann sei ein exzentrischer Einzelgänger. Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft sagten am Samstag in Konstanz, sie seien "der festen Auffassung", dass es sich bei dem Mann um den Täter handle. Hinweise auf Mittäter gebe es derzeit nicht.

Weitere Angaben wollte Stürmer nicht machen mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht des Verdächtigen. Die Ermittler gehen davon aus, dass es keinen weiteren Tatverdächtigen gibt. Weil der Mann bisher nicht ausgesagt habe, gebe es keine Erkenntnisse zum möglichen Motiv. Er hatte einen Millionenbetrag gefordert und damit gedroht, weitere vergiftete Lebensmittel in Märkten auszulegen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger sagte, dass der Mann nach ersten Erkenntnissen eine strafrechtliche Vorbelastung habe. Details nannte er nicht, weil ihm die Akte noch nicht vorliege. Im Amtsgericht Ravensburg wurde der Mann Samstagnachmittag von einem Haftrichter verhört. Der Vorwurf lautet auf versuchte räuberische Erpressung. Laut Boger drohen ihm fünf bis 15 Jahre Haft im Fall einer Verurteilung. Boger schloss eine mögliche Beschuldigung auch wegen versuchter Tötung nicht aus. In dem Fall könnte er bei einem Schuldspruch auch zu lebenslanger Haft verurteilt werden.

Millionenbetrag gefordert

Die Polizei hatte am Donnerstag ein Fahndungsbilder eines dringend tatverdächtigen Mannes veröffentlicht. Der unbekannte Täter hatte in einer E-Mail an die Polizei, den Verbraucherschutz und mehrere Lebensmittelkonzerne vom Mitte September damit gedroht, bis Samstag 20 vergiftete Lebensmittel in Umlauf zu bringen. Er forderte einen niedrigen, zweistelligen Millionenbetrag. Schon Mitte September waren fünf mit Ethylenglycol vergiftete Gläschen mit Babynahrung in Friedrichshafen entdeckt worden.