Allein in der Hauptstadt Paris gingen am Dienstag nach Behördenangaben 24.000 Menschen auf die Straße, die Gewerkschaft CGT sprach von 60.000 Teilnehmern. Der erste landesweite Protesttag gegen seine Arbeitsmarktreform war ein wichtiger Stimmungstest für Macron.

Die weit links stehende CGT hatte für Dienstag fast 200 Protestkundgebungen im ganzen Land angekündigt. Demonstriert wurde unter anderem in den Großstädten Marseille und Lyon, in den südfranzösischen Städten Toulouse, Bordeaux und Nizza, im bretonischen Rennes und in der Hafenstadt Le Havre. Streiks unter anderem bei der Staatsbahn SNCF hatten nur begrenzte Auswirkungen.

CGT-Chef Philippe Martinez sagte, bis zu Mittag - und damit vor Beginn der Kundgebung in Paris - seien im ganzen Land mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen. Er sprach von einer "sehr starken Mobilisierung" und einem "gelungenen" ersten Protesttag. Behördenzahlen für das ganze Land lagen zunächst nicht vor.

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten

An den Demonstrationen nahmen auch eine Reihe von Politikern teil, unter ihnen die bei der Präsidentschaftswahl gescheiterten linken Politiker Jean-Luc Melenchon und Benoit Hamon.

Die Demonstranten skandierten unter anderem "Macron, du bist erledigt, die Faulenzer sind in den Straßen" und hielten Schilder mit Aufschriften wie "Faulenzer aller Länder, vereinigt euch" oder "Faulenzerin im Ruhestand" hoch. Sie spielten damit auf eine Äußerung des sozialliberalen Staatschefs an, der Gegner seiner Reformpolitik kürzlich als "Faulenzer" bezeichnet hatte.

Überschattet wurden die Proteste von vereinzelten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten. In Paris bewarfen Demonstranten die Sicherheitskräfte mit Wurfgeschossen, die Polizei setzte Tränengas und einen Wasserwerfer ein.

Kritik an der Reform

Im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich will Macron Unternehmen mehr Spielraum und Sicherheit geben. Unter anderem sollen Kündigungen erleichtert und Abfindungen gedeckelt, Arbeitnehmervertretungen zusammengelegt und Betriebsvereinbarungen gestärkt werden. Während Arbeitgeberverbände die Reform begrüßen, kritisieren die Gewerkschaften das Vorhaben als "sozialen Rückschritt".

"Das ist ein Gesetz, das den Arbeitgebern Vollmachten gibt", sagte CGT-Chef Martinez. Zwar kritisieren alle Gewerkschaften das Reformvorhaben; in der Frage des Umgangs mit den Regierungsplänen sind sie allerdings gespalten.

So riefen die Spitzen der einflussreichen Gewerkschaften Force Ouvriere (FO) und CFDT ihre Mitglieder nicht zur Teilnahme an den Protesten auf. CFDT-Chef Laurent Berger sagte dem Sender France Info, er halte Demonstrationen derzeit nicht für den richtigen Weg, es drohe eine "Demonstration der Schwäche". Vielmehr wolle seine Gewerkschaft auf die Dekrete zur Umsetzung der Reform Einfluss nehmen.

Macron will an Reformkurs festhalten

Bereits im Sommer 2016 hatte es in Frankreich Streiks und Demonstrationen gegen eine Arbeitsmarktreform gegeben, die unter Macrons sozialistischem Vorgänger Francois Hollande beschlossen wurde. Dabei gingen zeitweise Hunderttausende Menschen auf die Straße. Am Rande der Demonstrationen lieferten sich Randalierer damals immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Für Staatschef Macron war der Protesttag ein wichtiger Test, wie groß der Widerstand gegen seine Reformpolitik ist. Denn nach dem Arbeitsrecht will der sozialliberale Staatschef die Arbeitslosenversicherung, die Berufsbildung und das Pensionssystem reformieren. In Umfragen befindet sich der 39-Jährige, der bei der Präsidentschaftswahl im Mai die Rechtspopulistin Marine Le Pen klar besiegt hatte, seit Wochen im freien Fall. Er hat aber bekräftigt, an seinem Reformkurs festhalten zu wollen.

Die Gegner seiner Arbeitsmarktreform haben bereits für den 21. und 23. September zu neuen Demonstrationen aufgerufen. Am Tag dazwischen, dem 22. September, sollen die Verordnungen für die Arbeitsmarktreform im Kabinett beschlossen werden. Sie können bald darauf in Kraft treten.