Auf den Inseln Saint-Martin, St. Barth und Barbuda bot sich am Donnerstag ein apokalyptisches Bild: Der Großteil der Häuser war zerstört, die Versorgung mit Strom, Trinkwasser und Benzin brach zusammen, Rettungsdienste waren vielerorts nicht mehr einsetzbar.

"Irma" setzte ihren Weg durch die Karibik unterdessen ungebremst fort. Mindestens sechs Menschen starben bis Donnerstag. Allein im französischen Teil der Insel Saint-Martin kamen nach Angaben der Pariser Zentralregierung bis Donnerstag mindestens vier Menschen ums Leben. Zunächst hatten die Behörden acht Tote gemeldet, die Zahl wurde später nach unten korrigiert. Ein Todesopfer gab es auf Barbuda, ein weiteres in Barbados.

Die ersten Schadensbilanzen auf den betroffenen Inseln waren verheerend. Die Insel Saint-Martin sei zu "zu 95 Prozent zerstört", sagte der Präsident des französischen Teils der zwischen Frankreich und den Niederlanden aufgeteilten Insel, Daniel Gibbs. Frankreichs Premierminister Edouard Philippe sagte, 60 Prozent der Häuser dort seien unbewohnbar.

Die Insel Barbuda sei zu 95 Prozent zerstört und "kaum mehr bewohnbar", sagte der Premierminister des Zwei-Insel-Staats Antigua und Barbuda, Gaston Browne. Er bezeichnete die Insel als "Trümmerhaufen".

Ein Mann steht fassungslos vor den Trümmern seines Hauses, nachdem der Hurrikan über Barbuda, Antigua und St. John´s hinweggefegt ist.

Sollte in den kommenden Tagen ein weiterer Wirbelsturm die Region heimsuchen - zwei Stürme lauern derzeit über dem Atlantik - "werden wir nicht mehr die Toten zählen, sondern die Lebenden", warnte Gibbs. Mindestens 50 Menschen wurden auf Saint-Martin verletzt.

Der niederländische Teil von Saint-Martin - Sint Maarten - war nach den Worten des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte wegen starker Schäden am Flughafen und am Hafen von der Außenwelt abgeschnitten. Der Chefredakteur der Sint Maartener Zeitung "Daily Herald", Paul de Windt, berichtete im niederländischen Radiosender Paradise FM von katastrophalen Zerstörungen: "Alle Häuser, Geschäfte und Tankstellen sind weggefegt", sagte er. "Es ist unbeschreiblich. Viele Leute irren ziellos umher, sie haben kein Zuhause mehr und wissen nicht was tun." Mindestens ein Mensch ist durch den Hurrikan "Irma" getötet worden. Die genaue Zahl der Verletzten ist nicht bekannt.

Die französische Ministerin für die Überseegebiete, Annick Girardin, kündigte eine Luftbrücke für den französischen Inselteil an. Ihren Worten zufolge konnte eine Start- und Landebahn des Flughafens dort wieder geöffnet werden.

Frankreich wollte von der nahe gelegenen Karibikinsel Guadeloupe aus zudem per Schiff Trinkwasser- und weitere Hilfslieferungen auf die betroffene Insel senden. Rund 200 Soldaten und Sanitäter waren im Einsatz.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will so bald wie möglich in die Region reisen, wie der Elysee-Palast ankündigte. Er rief zudem zu einem verstärkten Kampf gegen den Klimawandel auf. "Von solchen Katastrophen sind Menschen betroffen, die ohnehin in sehr schwierigen Bedingungen leben", betonte er.

"Irma" war am Mittwoch mit Hurrikan-Stärke 5 über die nördlichen Antillen hinweggefegt. Nach Angaben von Meteorologen zählt er zu den stärksten Stürmen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Atlantik. Am Donnerstag bewegte sich "Irma" auf die Dominikanische Republik zu, Ende der Woche soll der Hurrikan Florida erreichen.

Alarmzustand und Evakuierungen

In der Dominikanischen Republik ordnete die Regierung erste Evakuierungen in Küstennähe an. Nach Angaben der Organisation Save the Children sind dort und in Haiti Millionen Kinder bedroht. Erst vor einem Jahr hatte Hurrikan "Matthew" auf Haiti 800 Menschen getötet.

Die kubanischen Behörden brachten Tausende Touristen in Sicherheit. Mehr als 36.000 Urlauber werden von der besonders gefährdeten Nordküste an sicherere Orte gebracht, wie am Donnerstag das staatliche Fernsehen berichtete. Die ausländischen Touristen sollen in anderen Hotels untergebracht werden, kubanische Urlauber werden nach Hause geschickt. "Irma" sollte in der Nacht auf Freitag (Ortszeit) Kubas Nordküste streifen.

US-Präsident Donald Trump rief für die Amerikanischen Jungferninseln, Puerto Rico und Florida den Alarmzustand aus.

Angesichts des sich auf das Festland der USA zubewegenden Monster-Hurrikans "Irma" haben die dortigen Behörden ihre Evakuierungsanordnungen für potenziell betroffene Küstengebiete ausgeweitet. Der Gouverneur des südöstlichen Bundesstaates Georgia, Nathan Deal, verfügte am Donnerstag, dass die knapp 300.000 Einwohner des Verwaltungsbezirks Chatham bis Samstag die Zone verlassen müssen. Die meisten der von dieser Anordnung betroffenen Menschen leben in der auch bei Touristen beliebten Stadt Savannah.

Zuvor hatten bereits im weiter südlich gelegenen Bundesstaat Florida die Lokalbehörden mehrerer Regionen die obligatorische Evakuierung angeordnet. Diese Anordnungen gelten für mehrere Hunderttausende Einwohner und Urlauber unter anderem in Fort Lauderdale und Umgebung sowie auf der an der Südspitze des Bundesstaates gelegenen Inselkette Florida Keys.