Hurrikan "Harvey" hat im US-Staat Texas schwere Verwüstungen angerichtet und Überschwemmungen verursacht. Etwa 340.000 Menschen waren am Samstag ohne Stromversorgung, wie Gouverneur Greg Abbott am frühen Nachmittag (Ortszeit) mitteilte. In der besonders stark betroffenen Stadt Rockport am Golf von Mexiko kam ein Einwohner ums Leben.

Hier war "Harvey" am späten Freitagabend (Ortszeit) als stärkster Hurrikan seit zwölf Jahren in den USA auf das Festland geprallt. Und das war erst der Anfang: Meteorologen sagten voraus, dass "Harvey" - wenn auch mittlerweile stark abgeschwächt - der Region Rekordregen und gefährliche Überflutungen bescheren werde. So wurden nach Angaben von Abbott für manche Orte zwischen Corpus Christi im Westen und Houston im Osten innerhalb der nächsten Tage zwischen 500 und 750 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter erwartet - teilweise mehr als es dort sonst binnen eines Jahres regnet. Insgesamt erklärte Abbott 50 Bezirke zu Notstandsgebieten.

Auch der Chef der US-Behörde für Katastrophenhilfe (FEMA), Brock Long, rief die Texaner am Samstag auf, "Harvey" weiter äußerst ernst zu nehmen. Der Sturm entwickle sich zu einem "tödlichen Inland-Ereignis", twitterte er am Morgen. Die Regenfälle könnten noch bis Mittwoch andauern und katastrophale Überschwemmungen verursachen.

"Harvey" hatte das Festland als Hurrikan der vierten von fünf Stufen erreicht und entwickelte Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometern pro Stunde. Er schwächte sich zwar rasch auf Kategorie eins ab und Samstagmittag (Ortszeit) zu einem Tropensturm, aber blies immer noch stark genug, um weitere Schäden anzurichten und Regen durch die Straßen zu peitschen.

In Rockport, einer Stadt mit 10.000 Einwohnern und als "texanische Riviera" bekannt, wurden mehrere Häuser dem Erdboden gleichgemacht. Bürgermeister Carles Wax sprach von "verheerenden Schäden". Er hatte Einwohnern, die sich entgegen der Warnungen zum Bleiben entschlossen hatten, am Freitag geraten, sich Namen und Sozialversicherungsnummer auf den Arm zu schreiben, um im Todesfall identifiziert werden zu können.

Es sei damit zu rechnen, dass einige Gebiete "für Wochen oder Monate unbewohnbar" sein würden, zitierte CNN Meteorologen. Der Sender zeigte am Samstag Videos von überschwemmten Straßen, etwa in der Metropole Houston und auf der Insel Galveston, Schäden an vielen Gebäuden, umgestürzte Bäume und Strommasten. In manchen Orten konnten Rettungsteams erst am Vormittag damit beginnen, nach in Häusern eingeschlossenen Bürgern zu suchen.

In der Stadt Port Lavaca stieg der Meeresspiegel um rund zwei Meter in sieben Stunden. Vier Kreuzfahrtschiffe mit 20.000 Passagieren, die eigentlich am Wochenende Galveston ansteuern wollten, warteten auf offener See auf grünes Licht für die Fahrt in den Hafen.

US-Präsident Donald Trump lobte den Einsatz des Top-Katastrophenmanagers und die Zusammenarbeit zwischen örtlichen und Bundesbehörden. "Wir überlassen nichts dem Zufall", twitterte Trump, der das Wochenende auf dem Präsidenten-Landsitz Camp David (Maryland) verbringt. Bereits am Freitag hatte er auf Ersuchen von Gouverneur Abbott den Notstand ausgerufen: Damit können rasch Regierungsgelder für Hilfsmaßnahmen nach Texas fließen.

Für sieben Bezirke an der Küste war die Evakuierung angeordnet worden, die Einwohner mussten dem aber nicht folgen. Potenziell sind 16 Millionen Menschen zwischen den Städten Brownsville und Houston in einem Küstenstreifen von etwa 560 Kilometern Länge von "Harvey" betroffen.

Sicherheitsvorkehrungen bei Voest-Werk

Bei der Voestalpine, die auch einen Standort in Corpus Christi betreibt, wurden ebenfalls Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Man sei auf solche Szenarien weitgehend vorbereitet, hieß es von dem Unternehmen. "Am Donnerstag wurde das Werk geräumt", berichtete Voestalpine-Sprecher Peter Felsbach am Samstag gegenüber der APA. Die Räumung beinhaltete ein kontrolliertes Herunterfahren und ein Freistellen der Mitarbeiter, die aus der Gefahrenzone gebracht wurden. "Corpus Christi ist verbarrikadiert", schilderte Felsbach die Lage an der US-Küste.

Von großen Schäden am Werks sei bisher nichts bekannt, hieß es. Allerdings müsse man noch die Regenfälle und möglichen Sturmfluten der kommenden Tage abwarten. "Wenn nichts Schlimmeres mehr passiert, gehen wir davon aus, dass wir Mitte nächster Woche wieder hochfahren können", berichtete Felsbach.

Vor "Harveys" Ankunft an der texanischen Küste zeigten örtliche Fernsehsender Menschen, die Fenster von Geschäften und Häusern mit Holzplatten sicherten und Sandsäcke als zusätzlichen Schutz aufeinanderstapelten. Supermärkte wurden durch Hamsterkäufe leergeräumt. Zu Tausenden flohen die Menschen im Auto ins Landesinnere. Auf den Autobahnen gab es Stop-and-go-Verkehr, an Tankstellen bildeten sich lange Schlangen.