>>> Auf der Spur der Täter - Was bisher bekannt ist

Rache als Motiv für den Anschlag?

Der libyschstämmige Selbstmordattentäter von Manchester, der für den Tod von 22 Menschen verantwortlich ist, soll nach Angaben aus seinem Umfeld von "Rache" angetrieben worden sein. Das Rachemotiv gehe auf die Ermordung eines ebenfalls libyschstämmigen Freundes durch britische Jugendliche im vergangenen Jahr in Manchester zurück, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus dem Umfeld der Familie des Attentäters.

Abdul Wahab Hafidah, ein Freund des 22-jährigen Attentäters Salman Abedi war britischen Medienberichten zufolge im Mai 2016 in Manchester von britischen Jugendlichen verfolgt und schließlich erstochen worden. Die mutmaßlichen Mörder stehen derzeit vor Gericht. Wie aus Abedis Umfeld verlautete, löste die Tat Wut unter jungen Libyern in Manchester und insbesondere bei Salman Abedi aus.

18 geplante Anschläge vereitelt

Allein seit der Attacke im Londoner Regierungsbezirk Westminster im März seien fünf Attentate verhindert worden, zitierte die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag Regierungskreise.

Der Inlandsgeheimdienst MI5 führe um die 500 Ermittlungen gleichzeitig. Jederzeit gebe es bis zu 3.000 Personen, die für den Geheimdienst von besonderem Interesse seien.

Der Manchester-Attentäter Salman Abedi habe in der Vergangenheit zu diesem Personenkreis gehört, so die Quelle. Zuletzt sei er aber nicht mehr regelmäßig überprüft worden. Die Entscheidung, ob jemand als potenzieller Terrorist eingestuft werden müsse, sei schwierig.

Bombenwerkstatt in Wohnung des Attentäters gefunden

Die britische Polizei sieht sich bei den Ermittlungen nach dem Anschlag in Manchester mit 22 Toten auf einem guten Weg. Er könne den Menschen versichern, dass die Festnahmen bedeutsam seien, sagte der Chef der Polizei von Manchester, Ian Hopkins, am Donnerstag zu Journalisten.

Auch seien bei Durchsuchungen Gegenstände entdeckt worden, die aus Sicht der Polizei für die weiteren Untersuchungen sehr wichtig seien. Insgesamt befinden sich in Großbritannien inzwischen acht Personen in Haft. Ein Großeinsatz hat am Donnerstag für Aufregung gesorgt - stellte sich danach jedoch als Fehlalarm heraus.

Queen Elizabeth besuchte am Donnerstag Verletzte des Attentats in Manchester

Polizei spricht von Terror-Netzwerk

Einem Bericht des US-TV-Senders ABC News zufolge hat die Polizei in der Wohnung des Selbstmordattentäters Salman Abedi eine Art Bombenwerkstatt gefunden. Er habe offenbar genug Chemikalien gelagert, um weitere Bomben zu bauen. Dem Nachrichtenportal "The Independent" zufolge wurden auch bei weiteren Razzien Bomben-Materialien entdeckt. Ein verdächtiger Gegenstand sei kontrolliert zur Explosion gebracht worden.

Die britische Regierung geht davon aus, dass Abedi nicht allein gehandelt hat. Die Polizei sprach am Mittwoch von einem Netzwerk.

Briten geben keine Infos mehr an USA weiter

Nach dem Anschlag von Manchester wächst der Ärger in Großbritannien über die Veröffentlichung von Informationen in den USA. Die Zeitung "The Guardian" berichtete, Premierministerin Theresa May wolle sich bei US-Präsident Donald Trump darüber beschweren. Sie wolle beim NATO-Gipfel an diesem Donnerstag in Brüssel mit Trump über das Thema sprechen.

Dem Sender Sky News zufolge ist die Regierung in London "wütend" darüber, dass eine Reihe von Details zu den Ermittlungen durchgesickert sind. Dem Sender BBC zufolge stoppte die britische Polizei inzwischen die Weitergabe von Informationen zu dem Anschlag an die US-Behörden.

Die britische Innenministerin Amber Rudd hatte sich zuvor darüber irritiert gezeigt, dass Details zum mutmaßlichen Attentäter Salman Abedi zuerst in US-Medien genannt worden seien. Rudd betonte, die Partner Großbritanniens seien sich darüber im Klaren, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe. Später allerdings veröffentlichte die Zeitung "New York Times" einen Artikel mit genauen kriminaltechnischen Fotos vom Tatort. Darauf sind auch die angeblichen Überreste der von Abedi genutzten Tasche zu sehen.

In Großbritannien wurde an diesem Donnerstag in einer Schweigeminute der Opfer des Attentats von Manchester gedacht:

Die Gedenkminute soll auch die Solidarität mit den vielen Verletzten zeigen. Fahnen auf öffentlichen Gebäuden werden noch bis Donnerstagabend auf halbmast sein

Spur nach Deutschland

Die Spuren des mutmaßlichen Selbstmordattentäters von Manchester führen offenbar auch nach Deutschland. Salman Abedi sei vier Tage vor dem Anschlag von Düsseldorf aus in seine Heimatstadt Manchester geflogen, berichtete das Magazin "Focus" am Donnerstag unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise.

"Handelt sich um Netzwerk"

Der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, hatte erklärt, er gehe davon aus, "dass es sich um ein Netzwerk handelt, dem wir nachgehen". Zuvor hatten bereits die britische Premierministerin Theresa May und Innenministerin Amber Rudd angedeutet, eine größere Gruppe von Personen könne hinter der Tat in Manchester stehen. Großbritannien rief erstmals seit 2007 die höchste Terrorwarnstufe aus. Dadurch erhält die Polizei nun Hilfe vom Militär. Laut Regierung werden derzeit knapp 1.000 militärische Kräfte zur Unterstützung der Polizei eingesetzt.

Der festgenommene Bruder Abedis räumte ein, der Attentäter sei Mitglied der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gewesen. Der IS hatte nach dem Anschlag behauptet, der Täter sei ein "Soldat" gewesen. Der 22-Jährige war dem britischen Geheimdienst bekannt, wie Innenministerin Rudd sagte. Medienberichten zufolge wurde Abedi 1994 in Manchester geboren und studierte in der nordenglischen Stadt. Seine Familie soll sehr religiös gewesen sein und sich in einer Moschee der Stadt engagiert haben. Einige Familienmitglieder sollen kürzlich nach Libyen zurückgekehrt sein.

Der Vater des Attentäters von Manchester hat nach eigener Darstellung keine Hinweise darauf gehabt, dass sein Sohn einen Anschlag begehen würde. In einem am Mittwoch in der libyschen Hauptstadt Tripolis geführten Interview der Nachrichtenagentur Reuters sagte Ramadan Abedi, er habe seinen Sohn Salman zuletzt etwa vor fünf Tagen telefonisch gesprochen. Dabei war alles normal.

Salman habe der Familie gesagt, er gehe auf eine Pilgerreise nach Mekka, sagte der Vater. Während des Interviews mit Reuters wurde er von einer Anti-Terroreinheit in Gewahrsam genommen. Der Vater sagte, er sei sich sicher, dass sein Sohn kein Mitglied der Extremisten-Miliz Islamischer Staat gewesen sei. "Salman gehört keiner Organisation an." Die Familie sei "ein bisschen durcheinander, weil Salman nicht diese Ideologie hat, er glaubt nicht an so etwas". Er fügte hinzu: "Wir verurteilen diese terroristischen Taten auf Zivilisten, unschuldige Menschen."

Die britische Polizei hatte nach eigenen Angaben bereits am Dienstag und Mittwoch insgesamt sechs Verdächtige im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen. Einer der Festgenommenen soll ein weiterer Bruder des Attentäters sein. Abedi hatte neben den beiden Brüdern auch noch eine Schwester.