Hunderttausende Gläubige nahmen gestern vormittag unter strahlend blauem Himmel an der Messe auf dem riesigen Kirchenplatz im portugiesischen Fátima teil. Vor Beginn der Papst-Messe begrüßten sie Franziskus mit lang anhaltendem Beifall und sangen: „Hoch lebe der Papst.“

Franziskus bezeichnete die portugiesischen Hirtenkinder Jacinta und Francisco, denen nach christlicher Überlieferung am 13. Mai 1917 in Fátima die Jungfrau Maria begegnet sein soll, als Vorbilder der Menschheit. Die Geschwister, die kurz nach ihren Marienvisionen im Alter von neun und zehn an den Folgen der Spanischen Grippe starben, hätten vorgelebt, wie man Grenzen überwinden könne. „Lasst uns dem Beispiel von Jacinta und Francisco folgen“, sagte Franziskus. Er rief die Gläubigen auf, in Zeiten des Krieges für Frieden und Gerechtigkeit einzustehen.

Aus aller Welt waren Pilger nach Fátima gekommen. Einige ließen die Nationalfahnen ihrer Heimatländer über dem Menschenmeer flattern. Banner aus Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Polen, Brasilien, Argentinien und afrikanischen Ländern waren zu sehen. Der Kirchenplatz, der von zwei großen Basiliken eingerahmt wird, war schon früh am Morgen gefüllt. Viele Menschen hatten sogar auf dem Platz übernachtet.

Nicht erklärbare Gesundung

„Ich bin ebenfalls als Pilger gekommen, um für Frieden zu beten“, sagte Franziskus. Auch hunderte Kranke nahmen am Fátima-Gottesdienst teil, auf Befreiung von ihren Leiden hoffend. Die katholische Kirche verbindet mehrere Wunderheilungen mit Fátima, die vom Vatikan auf die Anrufung der Hirtenkinder zurückgeführt werden. Jüngstes Beispiel sei die „medizinisch nicht erklärbare“ Gesundung eines brasilianischen Jungen namens Lucas, der mit seinem Vater João Batista und seiner Mutter Lucila ebenfalls an der Messe teilnahm. Lucas hatte, so die vom Vatikan überlieferte Darstellung, 2013 bei einem Sturz ein lebensgefährliches Schädel-Hirn-Traum erlitten und war von den Ärzten aufgegeben worden. Nach tagelangen Fürbitten der Familie an die Hirtenkinder von Fátima sei der Junge aus dem Koma erwacht und habe sich überraschend schnell erholt. Zwölf Tage nach dem Unfall habe Lucas nach Hause gehen können.

„Er ist völlig geheilt“, berichtete Vater João in Fátima. Die Anerkennung dieser wundersamen Gesundung durch den Vatikan war Voraussetzung für die Heiligsprechung der Hirtenkinder. Im Jahr 2000 hatte Papst Johannes Paul II. die Geschwister selig gesprochen. Auch dafür war durch den Vatikan eine Wunderheilung bescheinigt worden: eine gelähmte Portugiesin, die plötzlich wieder gehen konnte. Dies sei, so die medizinische Kommission im Vatikan, „wunderbaren Umständen zuzuschreiben“.

Cousine der Hirtenkinder

Inzwischen läuft auch für das dritte Hirtenkind, das bei den Marienerscheinungen vor hundert Jahren dabei gewesen sein soll, ein Seligsprechungsverfahren. Es handelt sich um Lucía, Cousine von Jacinta und Francisco. Sie war 2005 im Alter von 97 als Nonne gestorben. Laut Kirchenrecht kann ein Seligsprechungsprozess frühestens fünf Jahre nach dem Tod der Person eröffnet werden.
Immer noch wird darüber gestritten, wie glaubwürdig die Schilderungen sind. Eine Schlüsselrolle spielen die Aufzeichnungen Lucías, die damals zehn Jahre alt war. Sie schrieb zwei Jahrzehnte später als Nonne in einem Kloster die religiösen Erlebnisse und drei „Offenbarungen“ nieder.