Viele Details des Sprengstoffanschlags auf den Teambus von Borussia Dortmund sind nach der Festnahme des mutmaßlichen Täters noch ungeklärt - auch wenn die Ermittler den Verdächtigen schnell im Visier hatten. Der 28-jährige Sergej W. sei vor seiner Festnahme einige Tage beobachtet worden, um genug Beweise für einen Haftbefehl zu sammeln, so der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch.

Münch widersprach im ZDF-"heute journal" zugleich einem Bericht, der im Raum Tübingen Gefasste habe unmittelbar nach seiner Festnahme die Tat gestanden. Das BKA wies auch am Samstag noch einmal darauf hin, dass der Festgenommene zunächst kein Geständnis abgelegt habe.

Richtigstellung des BKA

"Der Beschuldigte (...) machte bei seiner vorläufigen Festnahme (...) keinerlei Angaben zum Tatgeschehen oder einer etwaigen Tatbeteiligung", hieß es dagegen in dem BKA-Statement auf Twitter. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe äußerte sich am Samstag nicht zu konkreten, noch offenen Fragen.

Der Verdächtige handelte nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft aus Habgier: Demnach hat er an der Börse auf große Kursverluste der BVB-Aktie spekuliert. Anhaltspunkte für Mittäter gebe es nicht. Dem Verdächtigen wird versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Mann hat die deutsche und die russische Staatsangehörigkeit und arbeitete seit Mitte 2016 als Elektriker in einem Tübinger Heizwerk.

Viele Spekulationen

Herkunft und Art des verwendeten Sprengstoffs sind bislang nicht ermittelt. In den vergangenen Tagen gab es Spekulationen, er könnte aus Bundeswehrbeständen stammen. Nach dpa-Informationen hat Sergej W. von April bis Dezember 2008 seinen Grundwehrdienst geleistet.

Wieviel Geld der Verdächtige im Fall des Anschlags auf den BVB-Mannschaftsbus maximal an der Börse hätte gewinnen können, ist nach wie vor unklar. Unklar ist auch, wie viel er investiert hat. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft nahm er für den Kauf der Derivate einen Verbraucherkredit in Höhe von mehreren Zehntausend Euro auf.

Investition von 79.000 Euro

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger © APA/dpa/Federico Gambarini

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte: "Der Täter hat nach meinem jetzigen Stand 79.000 Euro investiert." Sicher ist: Je tiefer die Aktie des Fußballvereins gefallen wäre, desto höher wäre der Gewinn des Festgenommenen ausgefallen. Der BVB war im Jahr 2000 als erster deutscher Sportverein an die Börse gegangen.

Der Kauf der Derivate wurde den Angaben zufolge über einen Internetanschluss des Mannschaftshotels abgewickelt, in dem der Tatverdächtige bereits am 9. April, zwei Tage vor der Tat, ein Zimmer bezogen hatte - mit Blick auf den späteren Anschlagsort.

Geld wohl nie bekommen

Ein Finanz-Experte legte nun aber gegenüber der "WAZ" dar, dass Sergej W. das erhoffte Geld wohl nie zu Gesicht bekommen hätte. Stefan Müller, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Wertpapieranalyse, erläuterte gegenüber der Zeitung: "Die Banken hätten Sergej W. die Auszahlung des Gewinns höchstwahrscheinlich verweigert. Sie hätten innerhalb der zwei Tage, die er hätte warten müssen, bis das Geld auf seinem Konto ist, wahrscheinlich das Geld gesperrt, oder die Ermittlungsbehörden hätten zugegriffen." Somit sei die ganze Aktion "aus handelstechnischen Hintergründen komplett sinnlos gewesen", glaubt Müller.

Bartra schwer verletzt

Am Dienstag vergangener Woche explodierten vor dem Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen den AS Monaco drei Sprengsätze nahe dem Mannschaftsbus. Die BVB-Spieler waren kurz zuvor mit ihrem Bus vom Mannschaftshotel zum Stadion losgefahren. Bei der Explosion wurde der Abwehrspieler Marc Bartra schwer verletzt.