Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs habe dem Antrag der Bundesanwaltschaft stattgegeben, teilte der Generalbundesanwalt am Freitag mit. Der 28-jährige Deutsch-Russe Sergej W. war wenige Stunden zuvor von der Spezialeinheit GSG9 im Raum Tübingen festgenommen worden.

Die Sprengsätze beim Anschlag auf den Mannschaftsbus des deutschen Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund sind mit Metallstiften gespickt gewesen. Wie die deutsche Bundesanwaltschaft ebenfalls am Freitag mitteilte, wurde einer der Stifte noch 250 Meter entfernt gefunden. Attacken auf Fußballvereine gab es in der Vergangenheit bereits mehrmals.

Laut Mitteilung der Bundesanwaltschaft scheint der mutmaßliche Täter wohl auf einen durch den Anschlag verursachten Kursverlust der BVB-Aktie gesetzt zu haben, um dadurch einen Millionengewinn einstreichen zu können. An islamistischen oder anderen extremistischen Hintergründen bestünden erhebliche Zweifel. Der Verdächtige hat vor dem Anschlag Verbraucherkredite in Höhe von mehreren zehntausend Euro aufgenommen. Mit dem Geld setzte er auf fallende Kurse der BVB-Aktie, und zwar mittels sogenannter Put-Optionen. Er kaufte drei verschiedene dieser Papiere, die meisten erwarb er demnach am Tag des Anschlags.

Drei Sprengsätze

Den Angaben zufolge waren insgesamt drei Sprengsätze über eine Länge von zwölf Metern in einer Hecke entlang der Fahrstrecke des Busses angebracht und wurden "zeitlich optimal gezündet". Der mittlere war aber zu hoch befestigt, um seine Wirkung voll entfalten zu können. Jeder Sprengsatz wurde nach ersten Erkenntnissen separat über eine elektrische Funkschaltung gezündet. Zur Art des Sprengstoffs gab es noch keine Erkenntnisse.

Aktienspekulation

Die Polizei hatte in der Nacht auf Freitag im Raum Tübingen einen 28-jährigen Mann als Tatverdächtigen festgenommen. Laut Mitteilung der Bundesanwaltschaft geht es wahrscheinlich um Aktienspekulationen im Zusammenhang mit der BVB-Aktie.

Der Verdächtige sei ein 28-Jähriger mit deutscher und russischer Staatsangehörigkeit. Ihm werden von der Bundesanwaltschaft versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Bundesanwaltschaft wollte um 12.30 Uhr über den Stand der Ermittlungen informieren.

Am Dienstag vergangener Woche hatten vor dem Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen den AS Monaco drei Sprengsätze am Mannschaftshotel gezündet, während der BVB-Bus vorbeifuhr. Dabei wurde der Abwehrspieler Marc Bartra in dem Fahrzeug von Splittern getroffen und schwer verletzt. Ein Motorradpolizist erlitt ein Knalltrauma.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur liefen Freitag früh Polizeiaktionen gegen insgesamt vier unterschiedliche Objekte im deutschen Bundesland Baden-Württemberg.

Beschuldigte kaufte Aktienpaket

Laut Bundesanwaltschaft hat der Beschuldigte am 11. April - dem Tag des Anschlags gegen den BVB-Bus - 15.000 Verkaufsoptionen für 78.000 Euro in Bezug auf die BVB-Aktie erworben. Die Papiere hätten eine Laufzeit bis zum 17. Juni gehabt. Der Kauf wurde demnach über einen Online-Anschluss des Mannschaftshotels abgewickelt. Der Beschuldigte habe die Papiere über einen am Anfang April 2017 aufgenommenen Verbraucherkredit finanziert, hieß es.

Hoffte auf Millionengewinn

Der Käufer spekulierte laut GBA auf fallende Kurse - die Höhe des Gewinns hänge von der Höhe des Kursverlustes ab. Mit einem erheblichen Kursverfall wäre zu rechnen gewesen, wenn wegen des Anschlags Spieler schwer verletzt oder sogar getötet worden wären. Der Verdächtige sei wie die Mannschaft Gast im Mannschaftshotel gewesen und habe dort bereits am 9. April ein Zimmer im Dachgeschoß mit Blick auf den späteren Anschlagsort bezogen.

Drei Sprengsätze im Heck

Die BVB-Spieler waren kurz vor dem Anschlag mit ihrem Bus vom Mannschaftshotel zum Champions-League-Hinspiel gegen den AS Monaco abgefahren. Die drei Sprengsätze waren in einer Hecke in der Nähe des Hotels versteckt. Das Spiel war dann wegen des Anschlags um einen Tag verschoben worden.

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung wohnte der Tatverdächtige in Baden-Württemberg. Er sei seit dem 13. April per Haftbefehl wegen 20-fachen versuchten Mordes und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion gesucht worden.

"Nicht nachzuvollziehen"

Borussia Dortmunds Trainer Thomas Tuchel
Borussia Dortmunds Trainer Thomas Tuchel © APA/AFP/PATRIK STOLLARZ

Borussia Dortmunds Trainer Thomas Tuchel hat mit Unverständnis auf das mutmaßliche Motiv des Sprengstoffanschlags auf den Mannschaftsbus des deutschen Fußball-Vizemeisters reagiert. "Es ist für mich nicht nachzuvollziehen, weder emotional noch rational", sagte der 43-Jährige am Freitag. Die Polizei hatte zuvor einen Verdächtigen festgenommen.

"Es ist auf jeden Fall ein gutes Gefühl, dass es offensichtlich einen Durchbruch gegeben hat", meinte Tuchel. Es sei für alle "sehr wichtig", wenn der Fall aufgeklärt werde. Er wisse, dass dies vielen Spielern helfen würde, betonte Tuchel.