Mit der Entschuldigung durch den Unternehmenschef ist es für United-Airlines-Passagier David Dao nicht getan. Der 69-jährige Arzt, der gewaltsam aus einer überbuchten Maschine gezerrt worden war, will die US-Fluggesellschaft verklagen, wie seine Anwälte am Donnerstag ankündigten. Der Vorfall in Chicago hatte weltweit für Empörung gesorgt.

Dao erlitt nach Angaben seines Anwalts Thomas Demetrio eine Gehirnerschütterung. Außerdem seien ihm die Nase gebrochen und die Nebenhöhlen verletzt worden. Auch habe sein Mandant zwei Vorderzähne verloren. Der aus Vietnam stammende Dao habe ihm gesagt, der Vorfall sei für ihn "entsetzlicher und grauenhafter" gewesen als vor mehr als 40 Jahren seine Flucht im Boot aus seinem Heimatland.

Dao wurde am Mittwochabend (Ortszeit) aus dem Krankenhaus entlassen, trat aber nicht zusammen mit seinen Anwälten bei der Pressekonferenz in Chicago auf. Der Mediziner, der seit Jahren in den USA lebt, wurde durch eines seiner fünf Kinder vertreten. Die Familie stehe noch "unter Schock darüber, was meinem Vater passiert ist", sagte die Tochter Crystal Dao Pepper.

Daos Anwälte beantragten bei einem Gericht in Chicago die Herausgabe der Aufzeichnungen durch die Überwachungskameras aus dem Flugzeug, die Listen der Passagiere und Besatzung sowie von weiterem Beweismaterial.

Internationale Debatte

Die geplante Klage solle eine internationale Debatte darüber anstoßen, wie Flugpassagiere behandelt würden, sagte Demetrio. "Seit langem behandeln uns die Fluggesellschaft und United (Airlines) im Besonderen schlecht", beklagte er.

Neuerliche Entschuldigung

Die US-Fluggesellschaft United Airlines entschuldigte sich erneut. Das Unternehmen hatte den Passagier am Sonntag gewaltsam aus der Kabine entfernen lassen, weil das Flugzeug überbucht war. Videos von dem Vorfall zeigten, wie Sicherheitsleute den Mann über den Boden des Kabinengangs zum vorderen Ausgang des Flugzeugs ziehen. Dies hatte weltweit Empörung ausgelöst. United-Vorstandschef Oscar Munoz entschuldigte sich.

Der Anwalt erhob schwere Vorwürfe gegen United Airlines und die Branche. Seit längerem schikanierten Fluggesellschaften Passagiere. Er erklärte, er werde wahrscheinlich Klage gegen United einreichen. Klagen dieser Art enden in den USA häufig mit hohen Vergleichssummen. Sein Mandant habe gesagt, er wolle nie wieder fliegen. Der Vorfall sei für ihn schlimmer gewesen, "als das, was er erlebt hat, als er Vietnam verlassen hat". Der 69-Jährige verließ Vietnam demnach 1975 auf einem Boot.

Nach dem Vorfall war der Passagier in Medienberichten mit den Worten zitiert worden, er sei ausgewählt worden, weil er Chinese sei. Entsprechende Berichte wurden in China millionenfach geteilt und lösten eine Welle der Empörung aus.

Alle Beweise sichern

Der Anwalt beantragte die Sicherung aller Videos des Vorfalls sowie aller relevanten Dokumente. Dies umfasse auch Cockpit-Aufzeichnungen sowie Personalakten der Mitarbeiter der Luftfahrtbehörde, die den Mann aus dem Flugzeug holten.

Die Airline hatte den Flug 3411 von Chicago nach Louisville (Kentucky) überbucht und Passagiere gebeten, die Maschine wieder zu verlassen. Einer der Gründe war, dass eine United-Crew dringend an Bord sollte, weil sie für einen Flug am folgenden Morgen in Louisville eintreffen musste. Die US-Fluggesellschaft will nun alle Passagiere des Flugs 3411 in Höhe des Preises ihrer Tickets entschädigen, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte.

United-Vorstandschef Munoz hatte sich nach Kritik und Boykottaufrufen in sozialen Netzwerken ausführlich für den Vorfall entschuldigt. Auch am Donnerstag drückte die Airline erneut ihr Bedauern aus. Der demokratische Senator Chris van Hollen kündigte laut Medienberichten eine Gesetzesinitiative an. Nach seinem Willen soll es Fluggesellschaften künftig verboten werden, Passagiere zwangsweise aus einer überbuchten Maschine zu holen. Die Airlines sollten mögliche Probleme bei überbuchten Fliegern außerdem vor dem Einsteigen der Passagiere ins Flugzeug lösen.