Die Wirtschaftskrise in Brasilien macht auch vor dem Karneval nicht Halt. Die Sambaschulen des Landes müssen mit einem knappen Budget auskommen, da Sponsorengelder und Förderungen der Stadt fehlen. Feministinnen wollen währenddessen Bewusstsein gegen sexuelle Gewalt schaffen.

Großer Auftritt am Wochenende

Am kommenden Wochenende haben die Sambaschulen ihren großen Auftritt. Ihre Paraden sind nicht nur ein Spektakel für die Zuschauer, sondern auch ein harter Wettkampf zwischen den in mehreren Ligen organisierten Schulen. Für die Bewertung gibt es strenge Kriterien, der kleinste Patzer kostet Punkte. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Kostüme und Festwagen bis ins kleinste Detail stimmen.

Eigentlich ist der Karneval in Rio ein Fest der Maßlosigkeit. "Aber dieses Jahr ist Sparen das oberste Gebot", sagte Luiz Carlos Magalhaes, der Präsident der Sambaschule Portela - einer der besten im Land. "Wir leben von einem Tag zum anderen", beschrieb Magalhaes seine Strategie. Neue Federn und Pailletten für die Kostüme können erst von den Einnahmen aus den vergangenen Abendvorstellungen gekauft werden.

Jeder Sambaschule in der ersten Liga stehen normalerweise etwa sechs Millionen Real (1,8 Millionen Euro) zur Verfügung - Fördermittel der Stadt, Einnahmen durch TV-Auftritte und Sponsorengelder. Doch dieses Jahr sind die Finanziers weniger freigiebig.

"Wir haben nicht nur weniger Mittel, sondern auch die Materialien sind teurer", sagt Jorge Silveira von der Sambaschule Viradouro. "Zufällig habe ich wahre Schätze in unserem Requisitenlager entdeckt und ich versuche, die Krise zu meistern, indem wir alles Mögliche recyceln."

Noch schwerer haben es die Sambaschulen der unteren Ligen. "Das ist mein fünfter Karneval und definitiv der härteste", sagt Tatiana Santos, die Präsidentin der Sambaschule Arranco do Engenho in der vierten Liga. "Die Fördergelder kommen nur in Raten, bis jetzt haben wir nicht mehr als 70 Prozent", sagt die 37-Jährige in der staubigen Flugzeughalle, in der für die Parade geprobt wird. "Den Rest bekommen wir nach dem Karneval, damit bezahlen wir dann die Schulden."

Neue Karnevalshymne gegen sexuelle Übergriffe

Nicht nur der Sparzwang prägt den Karneval dieses Jahr in Brasilien. Frauenrechtlerinnen hoffen, mit einer neuen Karnevalshymne ein Bewusstsein zu schaffen, dass Ausgelassenheit und knappe Kostüme kein Freibrief für sexuelle Übergriffe sind. "Ganz egal, was du trägst, ich fasse dich nicht an, es sei denn, du bist einverstanden", heißt es in dem Lied.

Einige Musikgruppen des Straßenkarnevals haben das traditionelle Repertoire durchforstet und sexistische und rassistische Stücke gestrichen. Das Blatt wende sich, sagt Debora Thome, die die feministische Karnevalskapelle Mulheres Rodadas gegründet hat. "Da passiert etwas Neues. Seit Jahren wurde zwar schon darüber gesprochen, aber noch nie so viel wie jetzt."

"Globeleza" trägt erstmals Kostüm

Auch die schwarze Frauenrechtsbewegung feiert einen Erfolg: Die "Globeleza" - die dunkelhäutige Tänzerin, die im Karnevalsprogramm des Fernsehsenders Globo auftritt, trägt 2017 zum ersten Mal ein Kostüm und nicht nur ein paar Pailletten auf den Brustwarzen.

Seit Jahren hatten Menschenrechtsaktivisten kritisiert, dass die nackte "Globeleza" das weit verbreitete Image schwarzer Frauen als Sexobjekte bestärke. Dass ein Stück Stoff wirklich einen Unterschied machen kann, war am Tag nach der Vorstellung der neuen "Globeleza" in den Zeitungen zu sehen: Allen war das Ende der Nacktheit eine Schlagzeile wert.

Karneval in 37 Städten abgesagt

Sorgen um die Sicherheit und fehlendes Geld haben in Brasilien zu Absage des Karnevals in mindestens 37 Städten geführt. Nach einer Erhebung der Zeitung "Folha de S. Paulo" wurden in insgesamt 13 Bundesstaaten, darunter Sao Paulo, Rio de Janeiro und Bahia Dutzende der traditionellen Veranstaltungen und Samba-Umzüge abgesagt, die als Höhepunkte im Stadtleben gelten.

Allein 16 Städte im Bundesstaat Espirito Santo sagten die Karnevalsfeiern ab. Grund ist hier die Krise der öffentlichen Sicherheit. Wegen eines Streits um Gehaltserhöhungen war es hier zuletzt zu einem Streik der Polizei gekommen. Während des Ausstandes wurden über 130 Menschen ermordet. In Rio muss wegen fehlender Mittel vielfach bei Kostümen gespart werden, statt über 500 gibt es dieses Jahr nur rund 450 Umzüge.