"Unsere Erde wackelt, wir nicht!" Unter diesem Slogan hat sich ein Komitee von Bürgermeistern in der italienischen Erdbebenregion gebildet. Sie machen sich gegenseitig Mut und kämpfen gemeinsam gegen Resignation und Frust. Denn sechs Monate nach dem Erdbeben am 24. August in Mittelitalien mit 300 Todesopfern ist der Notstand immer noch nicht zu Ende.

Die Erde bebt immer noch auf der Bruchlinie zwischen Marken, Umbrien und Latium. In der Nacht auf Montag wurde unweit von L'Aquila eine Erschütterung der Stärke 4 registriert. "Wir haben gelernt, mit den Erdbeben zusammenzuleben, doch daran gewöhnen werden wir uns nie", seufzte der Bürgermeister der Ortschaft Leonessa unweit von Amatrice, Paolo Trancassini. Die Sorge unter den Bewohnern, die die Erdbebenregion nicht verlassen wollen, ist groß. Seit dem schweren Erdstoß am 24. August haben die Erschütterungen nie aufgehört.

Starkes Beben sei nicht auszuschließen

Für Aufruhr sorgte zuletzt ein Bericht der nationalen Kommission zur Vorbeugung von Naturkatastrophen. Ein Erdbeben von Stärke 7 sei in den nächsten Wochen in Mittelitalien angesichts der tektonischen Verschiebungen und Verwerfungen nicht auszuschließen, betonten die Experten. "Die Bürgermeister sind schwer besorgt, bitten um Rat und fragen, ob die Menschen wegziehen sollen. Wir wissen nicht, was wir antworten sollen", berichtete Trancassini.

Die Angst in den Menschen sitzt tief. Am 24. August 2016 um 3.36 Uhr bebte die Erde gewaltig. Das Beben in einer Tiefe von vier Kilometern mit Epizentrum in Amatrice in der Region Latium hatte eine Magnitude von 6 und war von Kärnten bis Neapel zu spüren. 300 Menschen kamen ums Leben.

Schmerzhafte Erinnerungen

Die Naturkatastrophe weckte schmerzhafte Erinnerungen an den Erdstoß in L'Aquila vor sieben Jahren mit 306 Todesopfern, der sich fast zur selben Tageszeit - um 3.32 Uhr - ereignete. Weitere schwere Beben folgten im Oktober 2016 und am 18. Jänner 2017.

Schäden in Höhe von 23 Milliarden Euro hat die Erdbebenserie bisher verursacht. Der Zivilschutz versorgt zurzeit noch 12.070 Personen, 9.368 sind in Hotels untergebracht, die meisten an der Adria und am Trasimeno-See in Umbrien. 22 Millionen Euro hat die Regierung bereits für die Unterbringung der obdachlos gewordenen Menschen ausgegeben, 750 Betroffene leben in Containern, 1.944 schlafen in Sporthallen oder Schulen unweit ihrer schwer getroffenen Gemeinden.

Am Wochenende wurden in der von einem Erdbeben im Oktober zerstörten Gemeinde Norcia die ersten 18 Holzhäuser geliefert, in die Familien einziehen können. "Wir kämpfen um ein normales Leben, auch wenn die Schwierigkeiten enorm sind", betonte der Bürgermeister von Norcia, Nicola Alemanno. Neben dem Erdstoß war die Region im Jänner auch mit den schwersten Schneefällen der vergangenen 50 Jahre konfrontiert, was die Lage für die Menschen noch dramatischer gemacht hat.