In einer Wohnung in Bayern sind am Dienstag die Leichen einer Mutter und ihrer beiden Kinder (fünf und drei Jahre) gefunden worden. Laut Polizei dürfte die Frau die Kinder und sich umgebracht haben. Ein kanadisches Gericht hatte Anfang der Woche eine 42-Jährige schuldig gesprochen. Sie soll sechs ihrer Neugeborenen getötet und in einem Mietlager versteckt haben. Alle Kinder waren vermutlich lebend auf die Welt gekommen. Nun drohen der Frau bis zu zwölf Jahre Haft. In Frankreich soll ein Fünfjähriger am Wochenende so brutal wegen Bettnässens bestraft worden sein, dass er starb. In diesem Fall werden der Stiefvater und die Mutter der vorsätzlichen Tötung verdächtigt.

Anonyme Geburt als Prävention

Mütter und Väter, die ihre eigenen Kinder töten, kommen seit Menschengedenken in allen Kulturen vor. Die Motive, die sie zu so einem Schritt veranlassen, sind unterschiedlich. Geht es um die Tötung von Neugeborenen - in 70 Prozent sind die Täter die Mütter - „ist es üblicherweise die Verdrängung einer Schwangerschaft mit einer unassistierten Geburt“, erklärt Claudia Klier, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie an der MedUni Wien. In „Panik“ wird das Baby „aktiv erstickt oder ertränkt“ oder aber auch „passiv weggelegt und ignoriert“. Oft geht so eine Tat mit der „enormen Ignoranz des Umfelds“ einher. Die Schwangerschaft wird nicht thematisiert. Früher waren Neugeborenen-Tötungen die häufigste Art der Kindstötung in Österreich. „Durch die anonyme Geburt ist diese hierzulande extrem zurückgegangen“, betont Klier.

Auch psychische Erkrankungen können Ursachen für eine Kindstötung sein. Bei Psychosen (ein Drittel der Mütter, die Kindstötungen begehen, leidet darunter) haben die Erkrankten häufig Wahnvorstellungen bezüglich des Kindes. Bei Depressionen werden die Täter eher davon geleitet, die Kinder vor der schlechten Welt zu schützen. Oft geht dieser Fall mit dem Suizid des Täters einher. „Väter töten eher ältere Kinder“, weiß Klier, die in einer entsprechenden Studie 250 Fälle von Kindstötungen untersucht hat. Hier sind die Gründe oft in Persönlichkeitsstörungen oder Drogenmissbrauch zu finden. Die Betroffenen suchen oft rund ein Jahr vor der Tat Hilfe „entweder beim Hausarzt oder beim Psychiater“. Leider würde zu wenig nachgefragt, ob es etwa „Tötungsfantasien in Bezug auf ein Kind“ gebe. Hier gebe es einen guten Präventionsansatz, so Klier.

Eltern mit psychischen Problemen stehen oft unter enormem Stress, sich nicht ausreichend um ihr Kind kümmern zu können. „Sie brauchen Unterstützung und Betreuung“, fordert Klier. Mütter, deren psychische Erkrankungen behandelt werden, können nämlich gute Mütter sein. Intuitive mütterliche Fähigkeiten würden allerdings bei Nichtbehandlung außer Kraft gesetzt.