Beim "Big Bell Test" können Laien den Wissenschaftlern helfen, das quantenphysikalische Phänomen der "spukhaften Fernwirkung" zu überprüfen. Elf Institute rund um den Globus, darunter Quantenphysiker aus Wien, sind für das Experiment verantwortlich. Sie brauchen für die Realisierung des Versuchs mindestens 30.000 Teilnehmer.

Laut Quantenmechanik bleiben zwei verschränkte Teilchen, etwa Lichtteilchen (Photonen), miteinander verbunden, auch wenn sie sich über beliebige Distanzen von einander entfernen. Manipuliert man an einem dieser Teilchen, indem man beispielsweise die Richtung der Lichtschwingung (Polarisation) misst, schwingt augenblicklich auch das andere Teilchen in diese Richtung.

"Spukhafte Fernwirkung"

Könnte man zwei Spielwürfel verschränken, wüsste man bis zur Messung nicht, welche Augenzahl sie zeigen. Nach der Messung würde aber mit Sicherheit bei beiden die gleiche, zufällige Seite nach oben zeigen. Da sich nichts schneller als das Licht ausbreiten kann, widerspricht dies der Speziellen Relativitätstheorie - was Albert Einstein zu seiner Einschätzung als "spukhafte Fernwirkung" veranlasste. Dennoch wurden die Effekte der Verschränkung bisher in unzähligen Experimenten nachgewiesen.

Mit einiger Fantasie und Anstrengung lassen sich Schlupflöcher finden und die Ergebnisse mit der klassischen Physik, also nicht quantenphysikalisch, erklären, etwa durch verborgene Eigenschaften der Teilchen. Die Welt könnte auch "etwas ganz Verschworenes sein", wie der Quantenphysiker Anton Zeilinger einmal sagte, und die in den Experimenten für die Auswahl der Messbasis verwendeten Zufallszahlen-Generatoren fremdgesteuert werden.

Freier Wille

Genau das soll durch den "Big Bell Test" gemeinsam mit der Bevölkerung ausgeschlossen werden. Das Experiment beruht auf einem Vorschlag des nordirischen Physikers John Bell (1928-1990). Er hat 1964 ein bahnbrechendes Theorem ("Bell'sche Ungleichung") publiziert, das es ermöglicht, durch Experimente festzustellen, ob es tatsächlich solche verborgenen Eigenschaften und Informationen gibt. Und Bell hatte als ultimatives Experiment vorgeschlagen, dass Menschen aus ihrem freien Willen heraus die Messbasis wählen sollten.

Und das wird morgen, Mittwoch, im bisher größten Quantenphysik-Experiment realisiert: Statt Zufallszahlen-Generatoren sollen mindestens 30.000 Personen - so viele sind für das Gelingen des Versuchs notwendig - über Computer, Tablet oder Smartphone per Internet eine beliebige Abfolge der Zahlen 0 und 1 eingeben. Diese zufälligen Zahlenabfolgen werden an die teilnehmenden Institute geschickt und dort in Signale übersetzt, die über die Messanordnung entscheiden.

Computerspiel

Wer seine "Zufälligkeit" trainieren will, kann auf der Homepage www.thebigbelltest.org noch das eigens konzipierte Computerspiel "Big Bell Quest" spielen. Neben dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beteiligen sich u.a. die ETH Zürich, die Uni München und Institute in Australien, Chile, China, Frankreich und Spanien an dem Experiment.