Im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids melden die Vereinten Nationen erhebliche Fortschritte. Gleichzeitig verweisen sie auf neue Herausforderungen. Inzwischen hätten 18,2 Millionen Menschen mit HIV Zugang zu antiretroviralen Therapien, die den Erreger eindämmen, teilte das Anti-Aids-Programm der UNO (UNAIDS) am Montag mit.

Das sind rund drei Millionen Menschen mehr als vor zwei Jahren. Allein von Jänner bis Juni 2016 sei eine Million Menschen zusätzlich in Therapieprogramme gekommen, erklärte UNAIDS-Exekutivdirektor Michel Sidibe bei der Vorstellung des Jahresberichtes seiner Organisation. Weltweit lebten 2015 demnach 36,7 Millionen Menschen mit dem Virus. Das waren etwa so viele wie im Jahr zuvor, wobei jedoch mehr Menschen denn je mit lebensverlängernden Medikamenten behandelt wurden.

Brennpunkt Afrika

"Die Möglichkeiten zur Verhinderung und zur Behandlung von HIV waren niemals größer als heute", betonte Sidibe im Vorwort des Berichtes, der vor dem Welt-Aids-Tag am 1. Dezember erschien. Zu dessen offizieller Vorstellung hatte UNAIDS in die namibische Hauptstadt Windhuk eingeladen, um auf die besondere Aids-Problematik in Afrika südlich der Sahara aufmerksam zu machen.

Wenn alle bisherigen Anstrengungen fortgesetzt werden, könnte laut Sidibe das Ziel erreicht werden, bis 2020 rund 30 Millionen Infizierten eine geeignete Therapie zu ermöglichen. Heute sei es grundsätzlich möglich, Menschen mit HIV abhängig von ihren konkreten Lebensumständen und ihrem Lebensalter zielgerichtet zu helfen, erklärte Sidibe. Wie bei der HIV-Bekämpfung die jeweiligen Lebensumstände berücksichtigt werden können ist ein Schwerpunkt des diesjährigen UNAIDS-Berichts.

Darin betonen Experten aber auch, dass größere Anstrengungen zur Vorbeugung von HIV-Infektionen unablässig seien, wenn die Aids-Epidemie überwunden werden soll. Dies gelte besonders für junge Frauen in Afrika südlich der Sahara. So zeigten neuere Daten aus Südafrika, dass sich dort viele junge Frauen bei älteren Männern mit HIV infizieren, während sich Männer erst später im Leben anstecken. Dieser Kreislauf müsse durchbrochen werden.

Neue Risiken

Dem Bericht zufolge sorgt die Ausweitung der Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten dafür, dass immer mehr Infizierte ein höheres Lebensalter erreichen. 2015 seien 5,8 Millionen älter als 50 Jahre gewesen. Es bestünden gute Aussichten, dass es bis 2020 rund 8,5 Millionen sein könnten. Allerdings gebe es auch erhebliche neue Risiken. So könnten sich Resistenzen gegen bestimmte Wirkstoffe entwickeln, die zur Behandlung von oft mit Aids einhergehenden Krankheiten verwendet werden - darunter Tuberkulose.

Dem "Lebenszyklus-Ansatz" zufolge werde es auch immer wichtiger, geeignete Therapien für die vielen Kinder anzuwenden, die mit HIV geboren wurden und nun erwachsen werden. Studien in 25 Ländern zeigten, dass 2015 rund 40 Prozent aller HIV-Infizierten zwischen 15 und 19 Jahren durch Mutter-Kind-Übertragung angesteckt worden waren. Das habe zu einem hohen Anteil von Aids-Todesfällen unter Jugendlichen geführt. Umso wichtiger werde die HIV-Prävention in dieser "Schlüssel-Bevölkerungsgruppe", ebenso wie verstärkte HIV-Tests und die sofortige Bereitstellung von antiretroviralen Therapien im Falle einer Infektion.