Vor dem Landgericht Paderborn hat am heutigen Mittwoch der Prozess wegen der brutalen Misshandlungen an mehreren Frauen im ostwestfälischen Höxter begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 46-jährigen Wilfried W. und seiner ein Jahr älteren Ex-Frau Angelika W. zweifachen Mord durch Unterlassen sowie mehrfache Körperverletzung vor.

Nach Angaben einer Gerichtssprecherin soll am ersten Tag zunächst nur die Anklage verlesen werden. Der Prozessauftakt wurde von großem Medieninteresse begleitet. Die beiden Angeklagten sollen über Jahre hinweg Frauen mit Kontaktanzeigen in ihr Haus nach Höxter-Bosseborn gelockt und dabei einige von ihnen schwer misshandelt haben. Zwei der Frauen starben in Folge der Quälereien, eine weitere Frau entkam. Andere Frauen soll das mutmaßliche Täterduo um größere Geldmengen gebracht haben. Die Staatsanwaltschaft geht im Zuge der noch laufenden Ermittlungen von insgesamt mindestens acht Opfern aus.

Schockierende Berichte

Die Berichte über das "Horror-Haus von Höxter" schockten Deutschland: Ein geschiedenes Ehepaar soll mit Kontaktanzeigen Frauen in sein Haus in Ostwestfalen gelockt haben. Laut Anklage bauten die zwei Vertrauen auf und quälten die Opfer dann auf abscheuliche Art. Zwei Menschen überlebten das Martyrium nicht. Der Mordprozess beginnt am Mittwoch am Landgericht Paderborn.

Das Verfahren gegen die beiden Angeklagten - sie ist heute 47 Jahre alt, er ein Jahr jünger - füllt weit über 3.000 Seiten. Dort steht, was jahrelang hinter den Wänden eines etwas schäbigen Gehöfts im kleinen Dorf passiert sein soll. Beweismittel aus einer akribischen Spurensuche am Tatort sind beschrieben, Zeugenaussagen, ein Geständnis - all das soll das geschiedene Ehepaar des zweifachen Mordes durch Unterlassen überführen. Der Prozess wird mindestens bis Ende März laufen.

In dem sadistischen Spiel um Macht und Unterwerfung sollen den Opfern büschelweise Haare ausgerissen worden sein. Sie seien an Heizkörper gekettet, geschlagen und getreten worden, berichtete ein Ermittler, als die Misshandlungsfälle im Sommer aufflogen. Eine weitere Frau entkam, andere wurden zumindest bedroht, und so um Geld erleichtert, wie der ermittelnde Staatsanwalt Ralf Meyer schilderte.

Insgesamt gehen die Ermittler von mindestens acht Opfern aus, in weiteren Fällen laufen noch Ermittlungen. Untersucht werde derzeit auch der Vorwurf einer Vergewaltigung, bestätigte Meyer. Die Frau soll im Jahr 2011 drei Wochen lang festgehalten, geschlagen und getreten worden sein.

Die Tatvorwürfe zusammenzubringen, das Geschehen zu ordnen und zu bewerten, die umfassende Aussage der Angeklagten zu überprüfen - das lasse einen langwierigen Prozess erwarten, so ein Gerichtssprecher. "Wir haben es immerhin mit zwei Toten zu tun, bei denen eine Leiche fehlt. Und wir wissen nicht, wer sonst noch zu Schaden kam."

Aus der Aussage der Angeklagten bei der Polizei ist bekannt, dass das Paar den Körper einer 33-Jährigen, die durch Misshandlungen ums Leben gekommen sein soll, erst in die Tiefkühltruhe gesteckt, dann nach und nach zerstückelt und im Kamin verbrannt haben soll. Nach den am Straßenrand verstreuten Überresten suchten Polizeihunde vergeblich.

Autopanne setzte Schrecken ein Ende

Ein Jahr und knapp neun Monate später waren es eine Autopanne und eine tödlich verletzte 41-Jährige, die dem Schrecken ein Ende setzten. Die Frau aus Bad Gandersheim bei Hildesheim war durch wochenlange Misshandlungen so mitgenommen, dass das Paar sie im April 2016 zurück nach Niedersachsen bringen wollte. Unterwegs blieb dann das Auto liegen und sie entschieden sich, einen Notarzt zu rufen. Zwei Stunden später starb die Frau im Krankenhaus. Die Polizei wurde eingeschaltet - und stieß auf die Abgründe hinter dem Todesfall.

Monatelang war ermittelt worden. Die Polizei durchsuchte jeden Quadratzentimeter in dem Haus in Höxter, befragte Frauen, die sich nach Bekanntwerden des Falles als mutmaßliche Überlebende der Misshandlungen gemeldet hatten. Auch soll das angeklagte Paar manche Opfer nicht nur gefoltert, sondern auch um größere Summen gebracht haben. Die Sonderkommission war auf rund 100.000 Euro gestoßen, die die Tatverdächtigen von ihren Opfern erhalten haben sollen.