Vor acht Jahren machten die konkurrierenden Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain eine kurze Pause vom Wahlkampf. Sie reisten nach New York und gedachten gemeinsam der fast 3000 Todesopfer der Anschläge vom 11. September 2001. So eine feine Geste ist von Donald Trump und Hillary Clinton heute nicht zu erwarten. Der 15. Jahrestag des Terrorangriffs wird stattdessen von lautem Wahlkampfgetöse und harten Verbalattacken begleitet.

Donald Trump, der republikanische Präsidentschaftsbewerber, machte den Anfang. In bombastischem Ton sagte der Bauunternehmer beim Besuch einer Schule in Cleveland, er hätte, wäre er damals Präsident gewesen, den Terrorpaten Osama bin Laden schon lange vor den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon zur Strecke gebracht: „Ich wäre viel härter gegen Terroristen vorgegangen.“
Die Antwort von Hillary Clinton ließ nicht lange auf sich warten. Die Entscheidung, im Mai 2011 ein Elitekommando nach Pakistan zu schicken, um bin Laden zu erledigen, sei nicht einfach gewesen. Es habe dazu eines Präsidenten bedurft, der „in der Lage ist, Fakten von Meinungen zu trennen“ und kühlen Kopfes zu handeln. Dazu wiederum sei Trump nicht fähig, konterte die demokratische Präsidentschaftskandidatin.

Glaube an Terrorgefahr

Die Erinnerung an die Anschläge vom 11. September ist in gewisser Weise zu einem Dauerthema im laufenden Wahlkampf geworden. Laut Umfragen glaubt eine Rekordzahl von Amerikanern, dass die Fähigkeit von Terroristen, einen Angriff auf die USA auszuführen, heute größer seien als im Herbst 2001. Der Anstieg wird von den Forschern vor allem im Lager der republikanischen Wähler verortet. Zahlen belegen diese kollektive Terrorangst nicht. In den vergangenen 15 Jahren wurden 94 Menschen bei Anschlägen getötet, deren Urheber nach Auffassung von Experten Jihadisten waren. In derselben Zeit kamen deutlich mehr Menschen bei Unfällen mit Schusswaffen ums Leben.

Wahlkampfpause 2008: John McCain (mit Frau) und Barack Obama
Wahlkampfpause 2008: John McCain (mit Frau) und Barack Obama © AP

Die permanente Angst vor Terroranschlägen spielt vor allem Donald Trump in die Hände. Der Populist versucht sich seit Monaten als beinharter Anti-Terror-Kämpfer zu stilisieren. Mal wirft er seiner Konkurrentin Clinton und dem amtierenden Präsidenten Obama vor, durch ihre Politik Terrorgruppen wie den sogenannten „Islamischen Staat“ erst geschaffen zu haben. Mal spricht er davon, dass Muslime in den USA die Anschläge vom 11. September regelrecht gefeiert hätten. Er fördert und nutzt die wachsende anti-muslimische Stimmung in Amerika. „Trump hat die Muslime mehr oder weniger zum Feind erklärt“, schrieb das Magazin „The Atlantic“.

Hillary Clinton wiederum versucht, politisches Kapital aus ihrer früheren Arbeit als Senatorin für den Bundesstaat New York zu schlagen. In ihren Wahlkampfauftritten erinnert sie immer wieder an ihre Bemühungen, Feuerwehrleuten und Sanitätern, deren Gesundheit nach dem Einsatz am Ground Zero in New York gelitten hat, unbürokratisch zu helfen.

Am heutigen 15. Jahrestag wollen Republikaner und Demokraten zumindest auf aggressive Fernsehspots verzichten. Das ist zwar wenig im Vergleich zum gemeinsamen Auftritt von Obama und McCain im Jahr 2008. Doch mehr ist im härtesten US-Wahlkampf seit Jahrzehnten nicht zu erwarten gewesen.

Von Damir Fras.