Zu unkonventionellen Mitteln greifen derzeit iranische Männer, um gegen die Unterdrückung von Frauen im Land zu protestieren. In sozialen Medien posten sie Fotos, auf denen sie die Kopftücher ihrer Frauen, Mütter, Schwestern oder Freundinnen tragen. Die Protestaktion läuft unter dem Hashtag #MenInHijab– Männer mit Kopftuch.

Die Initiative für die Aktion ging allerdings nicht von einem Mann aus. Zum Protest aufgerufen hat die Journalistin und Frauenrechtlerin Masih Alinejad (39). Sie wurde im Iran geboren, lebt aber mittlerweile im Exil. Auf ihrer Facebook-Seite "May Stealthy Freedom" (übersetzt: Meine gestohlene Freiheit) engagiert sie sich für eine Verbesserung der Rechte iranischer Frauen.

"Im 21. Jahrhundert sollten Frauen selber entscheiden dürfen, ob sie ein Kopftuch tragen wollen oder nicht, es nicht zu tragen, sollte nicht strafbar sein", fordert Alinejad in einem Eintrag. In einem Interview mit "Bild" sprach die Exiliranerin über ihre Beweggründe für die Initiative: "Ich wollte, dass die Männer wissen, wie sich der Zwangsschleier anfühlt, in der erdrückenden Sommerhitze im Iran. Ich wollte die Kleidervorschriften für Frauen lächerlich machen, aber die Männer auf die Seite der Frauen bekommen, damit auch sie diese Regeln in Frage stellen."

Viele iranische Männer gehen mit der Forderung, jede Frau solle selber entscheiden, was sie trage, konform. Allein die von konservativen Klerikern dominierte Justiz sieht das anders und pocht darauf, dass eine Frau ohne die entsprechende Kopfbedeckung „unsittlich“ sei. Man gehe sogar soweit, Männern, deren Frauen oder Töchter sich unzureichend bedecken, „fehlende Ehre“ vorzuwerfen. Auch dagegen begehren die iranischen Männer auf. Mittlerweile haben hunderte Männer im Kreise ihrer Lieben Bilder samt Kopfbedeckung gepostet.

Mit dem Kopftuchzwang stoßen die Obrigkeiten bei immer mehr iranischen Männern, vor allem in der gebildeten Oberschicht, auf taube Ohren. „Wenn manche Männer Frauen zwingen wollen, einen Schleier zu tragen oder wenn sie andere Entscheidungen für die Frauen in unserer Gesellschaft treffen wollen, warum probieren sie es nicht selber aus, wie es sich anfühlt, sich zu verschleiern“, schrieb ein Unterstützer der Aktion.

Ziviler Ungehorsam

Der zivile Ungehorsam im patriachal geprägten repressiven Gottesstaat Iran ist vor allem für die Frauen, die sich ohne Kopftuch neben den Männern präsentieren gefährlich. Denn nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Internet ist es ihnen verboten, sich ohne Kopfbedeckung zu zeigen. Ihre Haare offen zur Schau zu tragen, kann einer iranischen Frau neben der gesellschaftlichen Ächtung und Schmähung sogar eine Gefängnisstrafe einbringen. Dennoch testen vor allem Frauen in Großstädten wie Teheran immer wieder die Grenzen aus, indem sie die Kopftücher sehr weit hinter dem Haaransatz binden. "Als Frau im Iran ist man jeden Tag in Gefahr. Jeden Tag verhaftet oder verwarnt die Tugendpolizei Frauen auf der Straße", schildert Alinejad gegenüber "Bild". Mehrere Millionen Frauen würden pro Jahr wegen unzureichender Verschleierung angehalten, mit Geldstrafen abgestraft oder vor Gericht gezerrt.