Der 16-jährige Afghane habe sich unmittelbar nach dem Amoklauf bei der Polizei gemeldet. Deren Ermittlungen deckten am Sonntag Widersprüche in den Aussagen des 16-Jährigen auf. "Es besteht der Verdacht, dass der 16jährige ein möglicher Mitwisser der Tat ist", so die Polizei. Er sei dann um 18.15 Uhr von einem Sondereinsatzkommando der Polizei festgenommen. Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts der Nichtanzeige einer geplanten Straftat (§ 138 StGB) gegen den Jugendlichen.

Geprüft werde auch, ob der 16-Jährige für einen Facebook-Aufruf zu einem Treffen in einem Kinokomplex in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofes verantwortlich sei. Der Amokläufer soll Jugendliche vor seiner Tat per Facebook zu jenem McDonald's-Restaurant gelockt haben, wo er dann zu schießen begann. Die Polizei betonte, dass sie "mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln" gegen Trittbrettfahrer vorgehen werde und vor Nachahmungstaten warne.

Tat ein Jahr lang geplant

Der Amoktäter habe sich laut der "Süddeutschen Zeitung" bei seiner Tat zudem stärker am norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik und dem Amokläufer von Winnenden orientiert als bisher bekannt. Er war nach Informationen des Blattes selbst nach Winnenden gefahren, hatte sich dort umgesehen und Fotos gemacht. Außerdem hatte er demnach das "Manifest" Breiviks auf seinem Rechner.

Im Fokus der Ermittlungen steht natürlich nach wie vor auch die Motivlage. Der Amokläufer habe seine Tat ein Jahr lang geplant, so das Landeskriminalamt. Der Schüler setzte sich intensiv mit Amokläufen auseinander. Er sammelte Artikel zum Thema. Und er las ein Buch, das die Psyche von Amokläufern analysiert. In seinem Zimmer wurde das Buch "Amok im Kopf - Warum Schüler töten" gefunden, das mehrere Amokläufe und die Psyche der Täter analysiert. Ob auch einschlägige "Ballerspiele" auf seinem Computer waren, prüfen die Ermittler noch.

Es habe sich bestätigt, dass der 18-Jährige wegen einer psychiatrischen Erkrankung behandelt wurde. Er war bis wenige Wochen vor der Tat in psychiatrischer Behandlung. Ein letzter ärztlicher Kontakt habe im Juni 2016 festgestellt werden können, teilte Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt am Sonntag in München mit.

In der Wohnung habe man ärztliche Behandlungsunterlagen gefunden, die auf eine Angststörung und Depressionen hindeuteten. Er habe sich sowohl in stationärer und ambulanter Behandlung befunden. Zudem habe man Medikamente gefunden. Dies teilte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch von der Staatsanwaltschaft München am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit.

Manifest geschrieben

Der Amokläufer von München habe ein eigenes schriftliches "Manifest" zu seinen Taten verfasst, sagte der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts, Robert Heimberger. Der Täter habe sich seit einem Jahr mit dieser Tat befasst und Winnenden besucht, den Ort eines früheren Amoklaufs. Nach Angaben der Ermittler hat der Täter auch intensiv gewaltverherrlichende Videospiele wie "Counterstrike" gespielt.

Tatwaffe war Theaterpistole

Auch wenn in Bezug auf den Münchner Amoklauf immer mehr Ermittlungsergebnisse bekannt werden, gibt es noch zahlreiche offene Fragen. So müsse ermittelt werden, wie der Amokläufer an die Tatwaffe gelangt sei, betonte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere.

Licht ins Dunkel bringen nun Recherche-Ergebnisse der "Süddeutschen Zeitung", die von LKA-Präsident Robert Heimberger am Sonntag bestätigt wurden: Demnach hat es sich bei der Glock 17 (Kaliber neun Millimeter), mit der der Schüler David S. am Freitagabend in München neun Menschen und sich selbst erschoss, um eine "reaktivierte Theaterwaffe" gehandelt. Die Waffe wurde also einst für Bühnenzwecke unscharf und später wieder gebrauchsfähig gemacht.

Im Darknet besorgt

Die Zeitung verweist auf Informationen aus Ermittlerkreisen. "Das Beschusszeichen stammt von 2014. Danach war die Waffe nicht mehr scharf, allerdings wurde sie in der Folge wieder gebrauchsfähig gemacht. Die Waffe trägt ein Prüfzeichen aus der Slowakei. Die Waffe hatte sich der Täter im Darknet beschafft", berichtet die Zeitung. Im sogenannten "Darknet" ("dunkles Netz") können sich Internetnutzer und Verwendung entsprechender Software fast unerkannt bewegen, es wir daher vielfach von Kriminellen u.a. für illegale Geschäfte (u.a. Waffen- und Drogenhandel) genutzt.

David S. - ein gemobbter Schüler

"David S. scheint bis zu seinem mörderischen Amoklauf vor allem ein Opfer gewesen zu sein", berichtet "Die Welt". In den sozialen Netzwerken gebe es Hinweise darauf, dass er gemobbt wurde. "So schrieb im Juni 2014 ein User, er vergewaltige seinen Bruder. Er nennt ihn Ali. Ein anderer behauptete nach der Tat, ihn zu kennen und zu wissen, dass er gemobbt worden sei: Er sagte uns immer wieder, dass er uns töten werde."

"Waren Demütigungen, waren Rückschläge im Leben der Grund für sein Handeln?" - diese Frage wirft nicht nur die Zeitung auf. Auch in dem Wortgefecht mit einem Anwohner - das Video davon sorgte weltweit für Aufsehen - ließ er dies durchblicken. "Wegen euch wurde ich gemobbt, sieben Jahre lang." Er sprach davon, in einer Hartz-IV-Gegend gelebt zu haben. Aus seinen Worten klangen Rachegefühle. Und großer Hass. "Ich gehe jetzt eine Waffe kaufen", schrie der verwirrte Täter. 

Ermittler: Opfer nicht gezielt ausgesucht

Der Amokläufer von München hat nach Angaben der Ermittler seine Opfer nicht gezielt ausgesucht. Dies teilte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch von der Staatsanwaltschaft München am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit.

Einen Facebook-Account habe der Täter entgegen anderslautenden Meldungen hingegen nicht gehackt. Er habe vielmehr einen Fake-Account für eine existierende Person angelegt, mit dem er Opfer an den Tatort locken wollte.

Mitschüler des Täters sind laut Staatsanwalt nicht unter den Opfern. Zur Wahl des Ortes und Zeitpunkts seines Amoklaufs können die Ermittler bisher nichts sagen.